The Revenge of Moriarty
für C64

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LostInSpace:
Firma: Spectral Images
Jahr: 2019
Genre: Adventure
Thema: Krimi / Textbasiert
Sprache: English
Lizenz: Freeware
Aufrufe: 2575
Rezension von LostInSpace (03.10.2021)
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Professor Moriarty ist der Erzfeind von Mr. Holmes. Das Aufeinandertreffen dieser zwei bekannten Figuren ist naturgemäß von epischen Ausmaßen. Der Ausgang der Begegnung entscheidet über die Herrschaft von Gut oder Böse im London des 19. Jahrhunderts. Das vorliegende Mini-Adventure thematisiert diesen fiktiven Endkampf, der literarisch gesehen in dieser Form jedoch nie vorkam.

Sherlock Holmes befindet sich in seiner Wohnung, die von Scharfschützen im Auftrag von Moriarty bewacht wird. Der Erzbösewicht ist im Begriff, sich Zugang zur Wohnung zu verschaffen. Holmes ist auf sich allein gestellt. Eine Waffe steht ihm nicht zur Verfügung und an Flucht ist nicht zu denken. Daher muss der Detektiv schnell seine intellektuellen Fähigkeiten ausnutzen, um eine ausreichende Verteidigung seines Lebens gegenüber dem herannahenden Bösewicht zu finden.

In den 4 Räumlichkeiten befinden sich in etwa 50 untersuchbare Objekte. Darunter auch mehrere verschiedene Pfeifen. Jedoch wird man beim Versuch, diese zu rauchen, nur auf die gefährliche Lage hingewiesen. Also an Spaß ist nicht zu denken.

Daher begibt man sich auf die Suche nach brauchbaren Hinweisen in den Beschreibungen der reich ausgestatteten Wohnung. Dabei stößt man auf viel Zeitcouleur: zum Beispiel das Gasogene, das ein Pendant zum Sodastream aus dem 19. Jahrhundert darstellt. Oder wer kennt noch das Tantalus? Dies ist ein Holzgestell, das Flaschen mit alkoholischen Getränken umschließt. Damit sollen Spirituosen dem Zugriff von Kindern oder dem Hauspersonal fern gehalten werden. Leider sind dies meist nur Requisiten, ohne besonderen spielerischen Nutzen. Versuche, diese nicht relevanten Gegenständen zu manipulieren, werden vom Parser ohne nähere Erklärung abgewiesen.

Auffällig am Parser ist auch, dass man Boxen und Kisten zwar öffnen kann, sie aber wieder zu schließen, wird als nicht sinnvoll erachtet. Ebenso ist die Wortwahl für den Erfolg einer Aktion teilweise sehr eng gefasst. So wird mit „put dart into mortar“ nur der Dart auf den Boden gelegt, während „dip dart into mortar“ tatsächlich wie gewünscht den Dart in den Mörser eintaucht. Ebenso unverständlich für mich war, dass „take leaf“ den Hinweis bringt, dass man nicht alles mitnehmen kann. Erst mit „remove leaf“ wurde das Blatt tatsächlich genommen.

Eigentlich ist aber schon am Anfang ziemlich klar, wie man sich gegen Moriarty zur Wehr setzen kann. Ein Buch über exotische Pflanzen bringt den Spieler auf die richtige Fährte. Weitere Hinweise waren im Folgenden jedoch so rar, dass eigentlich nur reines Ausprobieren schließlich Erfolg hatte. Die Holmes-typische Analyse und Deduktion sind also nicht Teil des Gameplays.

Abgesehen von der anschaulich eingerichteten Wohnung fehlen auch weitere Elemente, die die Atmosphäre erst richtig zum Leben erwecken. Wie zum Beispiel Geheimtüren, unerklärliche Spuren, schwierige Codes, rätselhafte Zeichen oder der Eingriff von Inspektor Lestrade. Weitere bekannte Figuren wie Dr. Watson oder Mrs. Hudson werden nur indirekt erwähnt und treten selber nicht in direkt in Erscheinung.

Anzumerken ist, dass die Hauptfigur in verschiedenen Situationen sterben kann. Nicht nur durch die Hand seines Erzfeindes. Jedoch angesichts der extremen Kürze des Spiels ist ein Neustart in diesem Fall nicht weiter störend. Der Spielstand kann abhängig vom verwendeten System teilweise trotzdem gespeichert werden. Versionen liegen für die volle Bandbreite der 8-bit-Computer vor: ZX Spectrum, Amstrad CPC, Commodore 64, Commodore Plus/4, Atari ST und Commodore Amiga.

Das Mini-Adventure ist eine sehr frühe Idee von Gareth Pitchford. Er hat erst 30 Jahre nachdem das Spiel auf dem Papier bereits längst fertig war, im Jahr 2019, die Übertragung auf die damals präsenten 8-Bit-Systeme realisiert. Er schreibt auf seiner Webseite dazu: „It's a fairly straightforward mini-game that most adventurers shouldn't struggle to complete.“ (Es ist ein recht einfaches Minispiel, das die meisten Abenteurer ohne Probleme bewältigen können.) Dem kann ich mich nur teilweise anschließen, da der Parser wie oben beschrieben nicht sehr hilfreich ist und das Gameplay aufgrund weniger Interaktionen eher flach wirkt.

Auf der positiven Seite hat man die stilistisch eng an den originalen Ausführungen angelehnten Formulierungen. Dadurch wird das Medium Text-Adventure vorteilhaft genutzt, ohne sprachlich aufgesetzt zu wirken. Das Setting wirkt für einen epischen Showdown jedoch seltsam deplatziert. Holmes erinnert spielerisch eher an den findigen MacGyver, als an den größten Detektiv aller Zeiten. Moriartys Gerissenheit wird vielfach im Text erwähnt. Im eigentlichen Verlauf der Begegnung hätte Holmes aber genauso gut auch jeden anderen beliebigen Ganoven antreffen können. So bleibt die deskriptiv gut eingefangene Atmosphäre der bekannten Wohnung in der 221B Baker Street noch das Glaubhafteste an diesem Mini-Adventure.

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