Dragonstomper
für Atari 2600 (Supercharger)

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Mr Creosote:
Firma: Starpath
Jahr: 1982
Genre: Rollenspiel
Thema: Schwerter & Magie
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 1022
Rezension von Mr Creosote (15.04.2023)
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Dragonstomper – ein selten blöder Name für ein Spiel. Und trotzdem steckt darin das wahrscheinlich umfangreichste Rollenspiel seines Hostsystems. Auf dem Atari 2600 tummelten sich größtenteils Actionspiele, die aus einem einzigen Bildschirm bestanden. Ataris Adventure gilt bis heute als Komplexitätswunder. Dragonstomper bietet dagegen Komplexität und Spieltiefe, die mindestens eine Größenordnung darüberliegen.

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Das Spiel beginnt in der Wildnis, die gleich mal in beide Richtungen ausführlich scrollt bei entsprechender Bewegung. Die Landschaft bietet Wälder, Sümpfe und Seen sowie Dörfer, Tempel und Burgen als Zeichen menschlicher Zivilisation. Die erste Aufgabe besteht in dem Erreichen der Stadt. Der Brückenwächter lässt einen aber nur vorbei, wenn man den richtigen Passierschein dabei hat, wenn man ihn besticht oder im Kampf besiegt. Er ist ziemlich stark, also ist letzteres nicht anzuraten. Doch wo findet man einen Passierschein? Die Uhr tickt, insbesondere, da die zufällig auftauchenden Monster die Stärke der Spielerfigur ziemlich schnell anknabbern. Gut, dass man sie mittels einiger Gegenstände wieder aufbessern kann. Zumindest in Maßen.

Die Stadt bietet dann die Gelegenheit, in einer ungefährlichen Umgebung zu verschnaufen. Das hoffentlich ausreichend gesammelte Gold ist in den Ausrüstungsgeschäften gut angelegt. Denn im Folgelevel wird man einige Hilfe brauchen können. Doch was genau? Einen der Tränke? Ein Seil? Nah- oder Fernkampfwaffen? Oder heuert man vielleicht ein paar Söldner als Begleiter an?

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Dann steigt man endlich hinab in die Höhle des namensgebenden Drachen. Ein weiteres eindrucksvoll langes Level. Diesmal scrollt es aber nur in eine Richtung. Die Aufgabe besteht darin, die zahlreichen Fallen zu umgehen oder zumindest zu überleben und schließlich zum Drachen selbst vorzudringen. Und ihn zu erschlagen. Oder auf trickreichere Art und Weise zu besiegen.

Wie soll all das bitte möglich sein auf dem Atari 2600 mit seinen 128 Bytes (!) RAM? Tja, zugegeben, der Vergleich mit den regulären Spielen des Systems ist schon unfair, denn Starpath hatte eine Zusatzhardware entwickelt. Der Supercharger wurde in den Modulschacht gesteckt und erlaubte den Anschluss eines Kassettenrecorders. Damit konnten also schonmal viel größere Datenmengen gespeichert werden. Doch wie bei Kassetten üblich, mussten die Spiele dann natürlich komplett in den Hauptspeicher passen. So spendierte Starpath auch noch 6kB zusätzliches RAM. Dieses Wundergerät wurde in Deutschland von der Firma Unimex vertrieben und zeigte sich überraschend erschwinglich. Technisch hob es das bereits deutlich alternde Atari-Gerät auf ein ganz neues Level, wie Dragonstomper zeigt.

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Die Grafik ist scharf und detailliert. Die Monster, von Schlangen und Spinnen bis hin zu Dämonen und Ghuls, werden direkt auf der Karte dargestellt und sind klar erkennbar. Wichtige Ereignisse werden von kurzen Musikjingles begleitet. Die Landkarte an sich ist zwar fest einprogrammiert, aber wo sich Objekte finden, wird bei jedem Start neu ausgewürfelt. Ebenso die Effekte von Tränken und Zauberstäben. Ganz wie in einem Roguelike. Die kleinen Rätsel gewinnen keine Originalitätspreise. Man findet beispielsweise Schlüssel und setzt sie ein. Doch manchmal gibt es immerhin alternative Lösungsmöglichkeiten. Ach, kein Kletterseil dabei? Dann kann man immer noch in den Abgrund springen.

Zugrunde liegt dem Ganzen ein simples, aber vollumfängliches Charaktersystem. Werte für Geschicklichkeit und Stärke bilden die Basis für die Rundenkämpfe. Diese erlauben sogar rudimentäre taktische Entscheidungen, wie den Einsatz von Objekten und die Flucht. Ermöglicht wird dies durch eine beinahe genial einfache Steuerung. Je nach Situation werden Optionen eines Menüs mit den Richtungen des Joysticks gewählt.

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Ja, Dragonstomper ist nicht Ultima. Aber es kommt diesem damaligen Goldstandard doch näher, als man es sich jemals hätte träumen lassen. Gleichzeitig ist es viel zugänglicher und raubt seinen Spielern nicht Tage und Wochen ihrer Lebenszeit. Es ist nicht nur ein technisches Meisterwerk, sondern auch ein gut designtes Spiel. Bravo!

Jenseits dieses Spiels bot der Supercharger aber leider nicht mehr sehr viel. Insgesamt wurden gut ein Dutzend Spiele veröffentlicht, von denen allerdings die meisten nur leicht aufgebohrte Versionen altbekannter Spielhallenstandards sind. Das interessanteste Spiel neben Dragonstomper ist somit eines, das in seiner ursprünglichen Form leider niemals auf den Markt gekommen ist. Nachdem es Starpath gekauft hatte, entwickelte Epyx aus dem Prototypen namens Sweat: The Decathlon Game ihr berühmtes Summer Games. Der Rest ist Geschichte.

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