Ein taktisches Kriegsspiel in Echtzeit? Nicht unbedingt das, was man auf einer Spielkonsole mit nur einem digitalen Gamepad also einziges Steuerungsmedium erwartet. Trotzdem wurde Metal Marines mit genug Aufmerksamkeit bedacht, auf die IBM-PC-Plattform umgesetzt zu werden. Dabei wurden ein paar wirklich interessante Designentscheidungen getroffen, so dass es beinahe zu einem anderen Spiel wird.
Im Rahmen eines irrelevanten Plots über fiese Kriegsherren, die sich nach einem globalen Atomkrieg um die letzten verbliebenen Inseln streiten treffen pro Level zwei Generäle aufeinander. Jeder auf seiner kleinen Insel, von der jeweils die feindlichen Hauptquartiere (es können mehrere verteilt sein) zu zerstören sind, bevor die eigene Kommandostruktur zusammenbricht. Angreifen kann man mit Raketen oder den namensgebenden Metal Marines, riesenhaften Kampfrobotern (was auch sonst in einem japanischen Spiel…). Zur Verteidigung kann man sich auf reziproke, stationär zu errichtende Installationen verlassen.
Bauen, Angreifen und Verteidigen geschieht alles gleichzeitig. Die Raketen sind abschussbereit? Ist man gerade beschäftigt, einen neuen Bunker zu platzieren, verliert man wertvolle Sekunden und könnte so bereits die Partie verloren haben. Dies geht so weit, dass man das Spiel beinahe im Actiongenre sehen könnte.
Taktische Überlegungen stellen sich primär bei der Platzierung der Gebäude und Installationen ein. Die Insel selbst ist pro Level vorgegeben und hügeliges Gelände oder andere Hindernisse beschränken die Planungsfreiheit. Aus welcher Richtung sind Raketenangriffe zu erwarten? Da gehören dann wohl ein paar Abfangbatterien hin, bevor sie Schaden anrichten können. Verteidigt man lieber eines der Hauptquartiere stark oder alle ein bisschen? Lieber viele, verteilte Raketenabschussrampen oder wenige, die dafür auf maximale Stärke hochgerüstet sind?
Das Kämpfen an sich ist dabei sehr simpel gehalten. Hat man das Ziel für seine Rakete bestimmt, bleibt nur noch Hoffen. Schickt man einen Metal Marine schaut man zu, wie er Zerstörung anrichtet (oder selbst dran glauben muss). Wie das Bauen ist auch der Ressourcenzuwachs rein eine Frage der Zeit. Soll heißen, neue Raketen tauchen einfach wieder auf der Rampe auf, Geld und Energie rieseln kontinuierlich nach, um weiter zu bauen oder wieder instandzusetzen… in geringem Maße können diese Raten durch bestimmte Gebäude verbessert werden, die wollen dann wiederum aber auch verteidigt werden.
Spaßig ist vor Allem das sofort augenfällige Gimmick der Präsentation und Bedienung. Man setzt auf dem Windows-3.x-Desktop auf, wobei jede Insel ihr eigenes Fenster bekommt, plus ein paar kleinere Fenster für Kommunikation, als Baumenü usw. Wie startet man eine Rakete oder schickt einen Roboter los? Man zieht sie/ihn einfach auf das Feld der feindlichen Insel, wo sie/er landen soll. Wuusch, schon geht's los, fliegt über die Fenstergrenzen, aber unter voller Beachtung der aus dem Blick gescrollten Abschnitte (d.h. man kann natürlich trotzdem von unsichtbaren Abfangbatterien abgeschossen werden). Je höher die Bildschirmauflösung, desto mehr größer der Nutzen dieses Schemas, aber als sogar noch wichtiger erweist sich das damit einhergehende stylishe Spielgefühl.
Der Zweispielermodus (per Nullmodem) wird damit zu einem Riesenspaß, sofern die Kontrahenten in etwa über die gleiche Spielerfahrung verfügen. Gegen den Computer anzutreten ist ebenfalls ziemlich unterhaltsam, wobei die Levels allerdings sehr schnell recht schwierig werden. Nicht nur muss man sich mit einer ohnehin steilen Lernkurve herumschlagen, sondern die Computerspieler verfügen anscheinend über einen Ressourcenvorsprung, den man nur schwer aufholen kann, und die Geländeformen ihrer Inseln bieten weitere Vorteile. Ein Problem zeigt sich unabhängig von der Anzahl menschlicher Spieler: Die Bedienung bricht schlicht und einfach zusammen, wenn zu viel auf einmal passiert, reagiert überhaupt nicht mehr.
Ein wenig kann man diesen Effekt abschwächen, indem man das Detaillevel der Animationen herunterschraubt, aber es bleibt immer spürbar. Und überhaupt nimmt man sich damit einen Gutteil des Spielspaßes. Fliegen Raketen ohne Funken zu spucken, lösen sie keine großen Explosionen aus, ploppen neue Gebäude einfach auf, ohne dass vorher geschäftige Bauaktivität simuliert wurde, wird die Sache viel schneller langweilig. Das rein taktische Spiel, auf seine Kernmechanik reduziert, ist ganz ok, aber ehrlich gesagt nicht viel mehr. Metal Marines zieht seinen primären Reiz daraus, diesen zwei Spielzeugarmeen zuzusehen, wie sie sich Schritt für Schritt gegenseitig zerlegen. Es ist ein Spiel der Äußerlichkeiten, das ist keinesfalls missen möchte.
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