
Die deutschen und ihre Wirtschaftssimulationen, ach, das waren noch Zeiten! Mittlerweile mag man selbst auf diese Phase nostalgisch verklärt zurückblicken. Und mag die Fachpresse schon seinerzeit über den Großteil der Spiele die Nase gerümpft haben, so hatten sie doch ihre treue Zielgruppe, denn sie sind sicher nicht alle aus reinem Idealismus gemacht und veröffentlicht worden.
Ihre Hauptmotivation ziehen solcherlei Spiele meist aus thematischem Interesse an Stelle spielmechanischer Überlegungen. So setzt Winzer diesbezüglich auf die Vorstellung der letzten rötlichen Sonnenstrahlen des Tages, wie sie über den Weinberg wandern und die reifenden Reben in ganz besonderem Licht erstrahlen lassen. So weit wohl zumindest die theoretische Vorstellung, als man es sich konzeptuell überlegt hat.

In der praktischen Umsetzung stellt sich das ganze leider als recht trockene Angelegenheit heraus. Die (optional abschaltbaren) Illustrationen, zwar hochauflösend, aber wenig detailliert, wollen keine rechte Stimmung aufkommen lassen, da die künstlerische Ader fehlt. Auch die Menüführung, die beispielsweise als Gang über ein Weingut hätte simuliert sein können, hilft mit ihren cursortastengesteuerten Textlisten nicht.
So finden sich die Spieler schnell doch auf die mechanische Ebene zurückgeworfen. Diese besteht im Wesentlichen aus der genreüblichen Einnahmen-/Ausgabenlogik, wobei erstere sich wie erwartet durch Verkauf speisen und letztere sich aus Personal-, Material-, Werbe-, Maschinen- und weiteren laufenden Kosten zusammensetzen.
Der Weinanbau an sich folgt im Spiel einem sehr rigiden Muster: Exakte Anbau-, Reife- und Lesezeiten sind einzuhalten, sonst steht man schnell vor dem Ruin. Das Spiel läuft rundenweise in Monaten ab, was flexible Reaktionen unmöglich macht: Wenn in einem Monat der Reifegrad beispielsweise bei 70% liegt, ist es durchaus möglich, im nächsten Monat bereits alles verloren zu haben. In der Realität würde man eventuell täglich vorbeischauen und reagieren, wenn die Sache kippt, oder? Zum Glück hilft das detaillierte Handbuch bezüglich all dieser Regeln weiter.

Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch auch, dass Handbuchstudium praktisch eine Erfolgsgarantie liefert, zumindest wenn man sich mit bescheidenem Profit zufrieden gibt. Für Einzelspieler besteht also eigentlich keinerlei Herausforderung. Diese könnte eventuell durch den Konkurrenzgedanken zwischen mehreren Winzern (bis zu vier) entstehen, oder man setzt sich seine Ziele selbst.
Womit wir bei einer anderen Facette des Simulationsaspekts angekommen wären. So strikt Winzer bei der Durchführung der Kernaktivitäten sein mag, erlaubt es immerhin eine gewisse Breite drumherum. Sechs verschiedene Traubensorten, die pro Anbauregion unterschiedlich gut wachsen, können zu zehn Weinsorten gekeltert werden. Das Panschen, also Verwässern oder Nachzuckern, ist möglich. Die Produkte können legal oder illegal auf den Markt gebracht und im In- oder Ausland verschachert werden. Nur ist fast nichts davon im Spielverlauf jemals notwendig.
Es stellt sich also recht schnell die Frage des Designziels. Geht es sozusagen im Sinne des Selbstzwecks darum, solche Möglichkeiten abzubilden, ohne einer spielerischen Herausforderung oder Tiefe zu dienen, dann wäre man schnell zurück bei der Eingangsfrage der thematischen Würdigung, die aber durch den sehr mechanischen Charakter der Umsetzung kein Motivationsanker ist. Ansonsten muss man leider sagen: Ebenfalls gescheitert, da ein großer Teil der implementierten Spielmechanik einfach nutzlos ist.
Kommentare (11) [Kommentar schreiben]
Ganz genau. Und dann guck dir im Vergleich dazu mal Winzer an
Zumindest ein eigenständiger Stil. Ziemlich unverwechselbar. Das Wenige kann man dem Spiel zumindest zugute halten.
Ja, doch, die Hanseromantik mit den schön gemalten Bildern zieht bei mir. Dazu diese politische Nebenkarriere, das macht Spaß. Wenn sie auch noch so sinnlos ist, denn letztlich basiert sie ja allein auf ausreichend verfügbarem Geld.
Die Grafik war schon toll und dazu aus Deutschland. Im Ohr bleiben mir die mittelalterlichen Cembalo-Midi Klänge und das Federkiel als Mauszeiger. Irgendwie wegen all dieser Kleinigkeiten schon ein besonderes hervorstechendes Spiel.
Ganz genau. Und dann guck dir im Vergleich dazu mal Winzer an
Ja, doch, die Hanseromantik mit den schön gemalten Bildern zieht bei mir. Dazu diese politische Nebenkarriere, das macht Spaß. Wenn sie auch noch so sinnlos ist, denn letztlich basiert sie ja allein auf ausreichend verfügbarem Geld.
Die Grafik war schon toll und dazu aus Deutschland. Im Ohr bleiben mir die mittelalterlichen Cembalo-Midi Klänge und das Federkiel als Mauszeiger. Irgendwie wegen all dieser Kleinigkeiten schon ein besonderes hervorstechendes Spiel.
Für den Kitschansatz, also triviales Spiel, aber dafür schön ausgestaltetes Szenario, wäre ich auch zu haben.
Der Patrizier? Oder ist das in deinem Sinne schon zu komplex für den "Kitschansatz"?
Ja, doch, die Hanseromantik mit den schön gemalten Bildern zieht bei mir. Dazu diese politische Nebenkarriere, das macht Spaß. Wenn sie auch noch so sinnlos ist, denn letztlich basiert sie ja allein auf ausreichend verfügbarem Geld.
Für den Kitschansatz, also triviales Spiel, aber dafür schön ausgestaltetes Szenario, wäre ich auch zu haben.
Der Patrizier? Oder ist das in deinem Sinne schon zu komplex für den "Kitschansatz"?
Na ja, es soll ja Leute geben, die ihre Arbeit mögen
Ohne Hintergrund in BWL spricht mich sowas prinzipiell schon an. Modellierung von Systemen, dann Optimierung... Das macht mir Spaß, ja! Nur muss das System komplex genug sein und interessante Variablen enthalten, nicht trivial lösbar zu sein.
Für den Kitschansatz, also triviales Spiel, aber dafür schön ausgestaltetes Szenario, wäre ich auch zu haben.