Wild Cup Soccer
für Amiga (OCS/ECS)

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Mr Creosote:
Firma: Teque / Millenium
Jahr: 1994
Genre: Sport, Action
Thema: Cartoon & Comic / Sonstige Fantasy / Kämpfen / Humor / Multiplayer / Mannschaftssportarten
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 18636
Rezension von Mr Creosote (24.09.2022)
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Für uns Europäer ist American Football doch sowieso nur ein großes Schlachtfest. Wenn wir also Brutal Sports Football spielen, merken wir kaum einen Unterschied zu dem, was in der sogenannten NFL geboten wird. Wen kümmert es schon, wenn zusätzlich noch ein bisschen mit Waffen rumgefuchtelt wird? Machen diese Anzüge nicht sowieso schon aus den Spielern lebende Waffen (dramatische Pause…)?

Wenn das selbe allerdings mit unserem geliebten Fußball (den die ignoranten „Amerikaner“ ja „Soccer“ nennen) gemacht wird, ist es natürlich ganz was anderes! Gegnerische Spieler umbringen? Ihre Köpfe mit Gewehren abschießen? Und das schlimmste Sakrileg: kein Abseits??? Wie konnten sie nur!?

Objektiv gesehen ist Wild Cup Soccer dem Fußball in etwa so ähnlich wie Brutal Sports Football dem Football. Was logisch ist, da es sich hierbei im einen offiziellen Nachfolger des Sportspiel-Klassikers handelt.

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Anstoß!

Eine Wikingermannschaft tritt gegen sieben andere an, die sich aus anthropomorphen Tieren (Nashörnern, Affen, Echsen…) zusammensetzen. So zumindest die Ausgangssituation der Liga, des Pokals oder welchem Wettbewerb man sich auch immer verschreibt. Um die Begegnungen strickt Wild Cup Soccer ein neue Ebene des Teammanagements. Dessen Transfermarkt mischt die anfangs einheitlichen Aufstellungen der Team schnell durch.

Abgesehen vom Spielerhandel kann das durch Toreschießen und den Mord an gegnerischen Spielern gewonnene Preisgeld in Waffen investiert werden. Von Schwertern bis hin zu Schrotflinten und Raketenwerfern ist alles vorhanden. Selbst die Formation auf dem Platz kann nach eigenen Vorlieben verändert oder der Taktik des Gegners angepasst werden.

Auf dem Platz macht all das dann aber keinen spürbaren Unterschied mehr. Leider ist das Kernspielprinzip ziemlich in die Hose gegangen. Bei Fußballspielen allgemein ist es eigentlich immer ein schlechtes Zeichen, wenn das Dribbeln eine erfolgversprechendere Taktik darstellt als das Passen. Die isometrische Perspektive, der mangelnde Überblick, die beschränkten Bewegungsmöglichkeiten sowie das unvorhersehbare Verhalten der eigenen Mitspieler machen geplante Spielzüge unmöglich.

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Darf's ein Nashorn sein?

Doch so richtig braucht man die ohnehin nicht. Die computergesteuerten Mannschaften stellen keinerlei Herausforderung dar. Es gelingt ihnen praktisch niemals, die automatisch gesteuerten Torwarte zu überwinden. Wohingegen auf der anderen Seite des Spielfelds die menschlichen Spieler sie einfach umhauen und praktisch ungehindert Tor an Tor reihen können. Sollte sich der Ball doch mal zu einem Gegenspieler verirren, ist das Tackling ebenfalls trivial, da dessen Richtung automatisch gewählt wird.

Diese automatische Spielerunterstützung wird stellenweise geradezu lästig. Hat man den Ball nicht, wird selbst die Laufrichtung vom Spiel bestimmt, anstatt den Spieler steuern zu lassen. Wäre dies ein ernsthaftes Sportspiel, wäre damit eigentlich alles gesagt.

Doch das ist es natürlich überhaupt nicht. Der grafische Perspektivwechsel und seine negativen Auswirkungen auf die Spielbarkeit mal zur Seite gestellt, ist Wild Cup Soccer sogar ein ziemlich gutaussehendes Spiel. Zumindest auf Standbildern. Die Farbpalette ist bestens ausgereizt, die Sprites richtiggehend schön. Unterschiedliche Spieler zu erwerben zahlt sich sogar auf dem Spielfeld optisch aus. Solche Kleinigkeiten helfen ungemein. Ja, ich meine dich, Speedball 2 und Konsorten! In Bewegung sind die Animationen leider sehr abgehackt, das Scrolling ruckelig, und somit geht die attraktive Optik dahin.

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Gegenseitige Enthauptung!

Zu all dem kommen auch noch eine Reihe wirklich seltsamer Bugs. Manchmal wird das falsche Team einfach zum Sieger erklärt. Beispielsweise, wenn eine Mannschaft von vornherein mit zu wenigen Spielern antritt. Die Laufgeschwindigkeit verändert sich signifikant mit der Richtung, in die man sich wendet. Spielersprites fangen plötzlich zu flackern an.

Solcherlei Beobachtungen zementieren den Eindruck eines unfertigen, überhastet auf den Markt gebrachten Spiels. Wohl um noch die Fußballweltmeisterschaft '94 mitzunehmen, was? Bugs können schon vorkommen, aber ein Spiel zu verkaufen, in dem man gegen den Computer praktisch keine Partie verlieren kann, ist unentschuldbar. Die Spielbalance ist fundamental kaputt. Nach nur wenigen Partien (alle natürlich gewonnen) ist die Mannschaft des Spielers mit den besten auf allen Positionen ausgestattet und voll bewaffnet. Oder auch nicht, wenn man sich die Zeit sparen möchte, denn notwendig ist das ja doch nicht. Gleichermaßen sollte man wirklich die Dinge neu überdenken, wenn man dem Spieler in mehreren Situationen die Kontrolle entreißen muss, um über konzeptuelle Abgründe hinwegzutäuschen.

Spielt man gegen einen anderen Menschen, ist die inkompetente künstliche Intelligenz immerhin gleichgültig. Doch damit werden dann Transfermarkt und sämtliche andere Neuerungen abgeschaltet. Ausschließlich einzelne Feindschaftsspiele können mit vorgefertigten Teams gegeneinander ausgetragen werden. Und dann ist das Gewinnen keine Sache des Können, sondern des Glücks in diesem völlig chaotischen Grätschzirkus.

Nach diesem Desaster ist es kein Wunder, dass die Brutal-Sports-Reihe hiermit endete.

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Rezension von Mr Creosote (15.08.2002)
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Für uns Europäer ist American Football sowieso nur ein großes Schlachtfest. Wenn wir also Brutal Sports Football spielen, merken wir kaum einen Unterschied zu dem, was in der sogenannten NFL geboten wird. Wen kümmert es schon, wenn zusätzlich noch ein bisschen mit Waffen rumgefuchtelt wird? Machen diese Anzüge nicht sowieso schon aus den Spielern lebende Waffen (dramatische Pause...)?

Wenn das selbe allerdings mit unserem geliebten Fußball (den die ignoranten „Amerikaner“ ja „Soccer“ nennen) gemacht wird, ist es natürlich ganz was anderes! Gegnerische Spieler umbringen? Ihre Köpfe mit Gewehren abschießen? Und das schlimmste Sakrileg: kein Abseits??? Wie konnten sie nur!?

Objektiv gesehen ist Wild Cup Soccer dem Fußball in etwa so ähnlich wie Brutal Sports Football dem Football. Was logisch ist, da es sich hierbei im einen offiziellen Nachfolger des Sportspiel-Klassikers handelt.

Das Spiel spielt sich sehr ähnlich: das eigene Team muss mehr Tore machen als der Gegner und / oder so viele seiner Spieler wie möglich umbringen. Der Ball kann nicht in den Händen getragen werden? Was spielt das für eine Rolle, wenn er sowieso am Fuß des aktiven Spielers „klebt“? Keine.

Wenn man mehr ins Detail geht, findet man allerdings dann doch einige Veränderungen. Die „Brutal Sports“ - Reihe nahm eine ähnliche Entwicklung wie ihr großes Vorbild, die Speedball-Reihe: Dieser zweite Teil hat einen Transfermarkt und mehr Individualität bezüglich der Teams und Spieler. Statt den gesichtslosen Androiden aus BSF bestehen die acht Mannschaften (organisiert in zwei Ligen) in WCS aus verschiedenen „Rassen“. Diese könnte man am ehesten als humanoide Tiere bezeichnen, also z.B. Nashörner, Affen oder Echsen auf zwei Beinen. Durch das Wunder des Transfermarktes mischen diese Mannschaften sich zum Glück schnell, so dass man interessante Kombinationen beobachten kann. Das Beste: Man kann alle Spieler einzeln erkennen auf dem Spielfeld! Ein Affe ist auch natürlich nicht zwangsläufig genauso begabt wie die anderen, es gibt immer Genies und Waschlappen - ganz wie in echt.

Soweit, so positiv. All das ist sogar besser als bei Speedball 2 - schnell lernt man seine kleinen Stars lieben! Mehrere Nachteile machen WCS insgesamt allerdings zu einem schlechteren Spiel als sein Vorgänger.

Zuerst wäre da die Grafik zu nennen. Die Farben sind sehr schön, aber diese isometrische Perspektive ist einfach nur verwirrend! Für Spieler aktueller Sportspiele, die an wirre „Kameraschwenks“ gewöhnt sind, mag das kein Problem sein, aber ich kann mich daran einfach nicht gewöhnen! Es ist auf diese Weise einfach beinahe unmöglich, einen genauen Pass zu spielen oder Entfernungen „nach Augenmaß“ zu schätzen.

Zweitens die Waffen. Statt diese wie in BSF direkt vom Spielfeld aufzusammeln, und nach dem Spiel wieder zu verlieren, muss man sie in WCS für die einzelnen Spieler kaufen. Auf den ersten Blick hört sich das ganz gut an. Doch da die Waffenpreise extrem niedrig sind, hat man die eigene Mannschaft nach nur ein paar Spielen komplett ausgestattet! Und dann rennen auch wirklich alle mit Schwertern, Gewehren oder Schilden herum. Das nimmt den Waffen das Besondere.

Der größte Nachteil ist allerdings der Schwierigkeitsgrad. Ich habe fast nie ein Spiel in WCS verloren! Selbst als ich es zum allerersten Mal ausprobiert habe, habe ich gewonnen. Nur 1:0, aber gewonnen ist gewonnen. In all den hunderten von Spielen, die ich seitdem gespielt habe, konnte eine gegnerische Mannschaft nur ein einziges Mal ein Tor gegen mich erzielen! Und das einzige Mal, das ich ein Spiel verloren habe, war, als alle meine Spieler erschossen wurden (hier spielt ein Bedienungsdetail eine zweifelhafte Rolle: die eigenen Spieler orientieren sich immer zum Ball, auch wenn man direkt in die Gegenrichtung steuert; in diesem Fall lag der Ball herrenlos herum, wurde vom Gegner aber regelrecht mit Granaten bombadiert - und meine Spieler sind schon einer nach dem anderen in diese „Falle“ gelaufen). Viel zu einfach!

Erwähnenswert sind noch ein paar Bugs. Zum Beispiel wird ein Team, dass nicht mal mehr genug lebendige Spieler hat, um ein Spiel überhaupt anzufangen, automatisch zum Sieger des selbigen erklärt. Wie bitte? Und einmal, als ich noch genau einen gegnerischen Spieler umbringen musste, um zu gewinnen, und dieser dann den ersten meiner Spieler tötete, war er plötzlich Gewinner, da er mein Team ausgelöscht hat. Ähm... ja, genau. All das ist natürlich nervig, doch ich würde nicht so weit gehen, das Spiel dafür abzuwerten, denn so schlimm ist es auch wieder nicht.

Ein bisschen hin und her auf dem Transfermarkt und ein paar schnelle Matches - das ist wirklich spaßig bei Wild Cup Soccer. Leider ist es auf Dauer allerdings keine größere Herausforderung.

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