Lancelot
für Amiga (OCS/ECS)

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Mr Creosote:
Firma: Level 9 Computing
Jahr: 1988
Genre: Adventure
Thema: Umsetzung eines anderen Mediums / Mythen und Sagen / Textbasiert
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 18862
Rezension von Mr Creosote (27.06.2009)
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Sir Lancelot, der Mutige - auf dem Weg, um Prinz Herbert davor zu retten, gegen seinen Willen verheiratet zu werden, und Sir Galahad aus einer Burg voller Jungfrauen zwischen Sechszehn und Neunzehneinhalb zu befreien... oh, falsche Geschichte. Lancelot bezieht sich inhaltlich vielmehr auf Thomas Malorys Le Morte d'Arthur und ist somit eine deutlich ernstgemeintere Version der altbekannten Geschichte. Nicht, dass man darauf käme, wenn man die durchaus an Monty Python erinnernde Schachtel anguckt.

Das Spiel deckt die bekannten Stücke von Lancelots Geschichte ab, von seinem ersten Treffen mit Arthus über seine Affäre mit Königin Guinevere bis zur Suche nach dem heiligen Gral. Dazu kommen die üblichen Ritteraufgaben, wie das Befreien holder Jungfrauen aus den Klauen von Bösewichtern - die vielleicht auch jeweils direkt von Malory stammen, aber Menschen wie ich, die ihr Wissen über die Arthuslegende eben eher von Monty Python und Prinz Eisenherz haben, können das natürlich nicht beurteilen.

Das Spiel hebt sich durch zwei Dinge von der Masse ab. Storytechnisch ist es die Ausführlichkeit der Texte. Anscheinend handelt es sich um einen ernsthaften Versuch, ein „literarisches“ Spiel herzustellen - was sogar so weit geht, dass die Geschichte komplett im Präteritum verfasst ist, als wäre es nur eine Nacherzählung.

Spielerisch springt die sehr große Freiheit des Spielers ins Auge. Zumindest vermittelt das Spiel die Illusion, dass der Spieler jederzeit frei entscheiden könne, was er als nächstes tun möchte - und das sehr erfolgreich. Für weniger erfahrene Spieler, die etwas mehr „Leitung“ brauchen, mag das natürlich eher ein Nachteil sein, doch es gleicht sich schwierigkeitstechnisch insofern aus, dass die Rätsel selbst nicht sonderlich kompliziert sind. Längere Reisen weren dem Spieler ebenfalls leicht gemacht, da es einen „go to“-Befehl gibt, mit dem man bekannte Orte einfach direkt wieder anspringen kann, ohne gefühlte hundertmal „n-e-s-w“ zu tippen.

Wiederum inhaltlich interessant ist der Ansatz, den Erfolg oder Misserfolg des Spielers anhand „moralischer“ Maßstäbe zu bewerten. Je nach dem, wie man sich in bestimmten Schlüsselsituationen verhält, erweist man sich letztendlich des Grals würdig oder unwürdig - was zu einem Spiel voller „ritterlicher Tugenden“ sehr gut passt.

Lancelot ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie weit sich Textadventures spielerisch entwickelt hatten zu der Zeit, als sie ironischerweise bereits fast tot waren bezüglich kommerziellem Markterfolg. Die neue Generation von Spielern wollte einfach nichts mehr tippen (genauso wie heutzutage jeder „normale“ Computerbenutzer, nicht beschränkt auf Spiele, Angst vor Kommandozeilen hat). Was allerdings ehrlich gesagt ein ziemlich bescheuerter Grund ist, ein komplettes Genre zu ignorieren - und damit auch die Höhepunkte zu verpassen.

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