No Greater Glory: The Civil War
für PC (DOS)

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Mr Creosote:
Firma: SSI
Jahr: 1991
Genre: Strategie
Thema: Historisch / Politik / Krieg
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 17236
Rezension von Mr Creosote (26.02.2010)
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Vorab eine Warnung: Wer nicht prinzipiell bereit ist, mehrere frustrierende Wochen damit zu verbringen, zumindest die grundlegendsten Strategien eines Spiels zu meistern, um zumindest die ersten paar Runden überleben zu können, sollte sich dieses Spiel nicht antun. No Greater Glory ist ein Kriegsspiel nur für Experten - ein Genre, das in den 80er Jahren sehr beliebt war. Wenn man sich allerdings die Zeit nimmt, kann man bald sehr tiefgründige Qualitäten erkennen.

Oberflächlig betrachtet wirkt das Spiel gar nicht mal so einsteigerfeindlich. Es spielt im gerade ausgebrochenen Bürgerkrieg der Vereinigten Staaten von Amerika. Man steuert die Geschehnisse mittels recht übersichtlicher Bildschirme mit klaren Bedienungselementen, die einem die verfügbaren Optionen nahebringen. So verfällt man leicht in den Glauben „einfach losspielen“ zu können. Solche Versuche werden von dem Spiel jedoch sofort und gnadenlos bestraft. Selbst auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad (der mit „very easy“ völlig falsch bezeichnet ist) gewinnt der Computerspieler sofort die Oberhand gegen experimentierfreudige Anfänger.

Die Problematik liegt dabei nicht in der unübersichtlichen Anzahl der Optionen für den Spieler. Das Spiel gliedert sich in klar definierte Phasen (Bewegung, Kampf, Innenpolitik, Außenpolitik,...), die jeweils für sich absolut überblickbar sind. Allerdings sind die Auswirkungen vieler der Entscheidungen, die der Spieler treffen muss, sehr subtil, was sie eben sehr schwierig macht - und noch mehr in der Kombination.

Betrachten wir beispielsweise die allererste Entscheidung: die Auswahl eines Regierungskabinetts. Der Spieler muss verschiedenste offensichtliche und weniger offensichtliche Faktoren mit einbeziehen; unter Anderem die Loyalität, die Fähigkeiten, die Parteizugehörigkeit und den Heimatstaat der Kandidaten. Ernennt man nur Mitglieder einer Partei, ist die andere nicht mehr gut auf einen zu sprechen. Gibt man keinen Politikern aus einer Region überhaupt irgendwelche Verantwortung, sinkt die Popularität in diesen Staaten schonmal. Diese Faktoren gegeneinander abzuwägen ist trotz sehr guten Feedbacks seitens des Spiels alles andere als trivial.

Ähnlich sieht es in der Außenpolitik aus. Je nach dem, welche Seite man spielt, möchte man erreichen, dass sich die europäischen Großmächte England und Frankreich entweder aus dem Konflikt heraushalten oder in ihn einmischen. Doch wie schafft man das? Durch die Drohung, die Lieferung von Rohmaterialien einzustellen? Oder durch vertrauensvolles Verhandeln? Und welchem potentiellen Botschafter vertraut man diese Aufgabe an?

Selbst die Kriegshandlungen selbst, die erstmal so offensichtlich scheinen („Auf zum Angriff!“), werden von solchen Faktoren beeinflusst. Armeen auf der Landkarte zu verschieben (wenn man mal von den logistischen, infrastrukturellen und Rekrutierungsproblemen absieht - es sollte langsam klar geworden sein, dass es sich um ein komplexes Spiel handelt) bekommt man noch gerade hin, aber wer soll welches Regiment befehligen? Wie hält man die Moral der Soldaten hoch? Wie bekämpft man die Auswirkungen der feindlichen Propaganda?

No Greater Glory ist absolut exzellent umgesetzt und durchdacht, abgesehen von einem bitteren Wehrmutstropfen: dem Schwierigkeitsgrad. Nicht mal, dass das Spiel sehr schwierig ist (was zu verkraften wäre), sondern wie das erreicht wird. Der Computer schummelt [bitte beachtet hierzu Ed Bevers Kommentar unten]. Egal, welche Seite man selbst übernimmt, es stehen auf jeden Fall in den ersten Runden schwerwiegende interne Probleme vor einem: Der Kongress lässt einen nicht die Steuern erhöhen oder mehr Soldaten einziehen, so dass man weder schnell eine große Armee aufbauen, noch Geld für andere Dinge einnehmen kann - während der Gegner solche Probleme anscheinend nicht hat. Dies hat zusätzlich noch hässliche indirekte Auswirkungen. Man kann also keine große Armee aufstellen; was dazu führt, dass die eigenen Generäle mit dem geringen Ausmaß „ihrer“ Streitkräfte enttäuscht sind; was dazu führt, dass ihre Herkunftsstaaten darüber enttäuscht sind, wie ihre lokalen Größen abgespeist werden; was, im besten Fall, dazu führt, dass man dort in der nächsten Runde weniger Soldaten rekrutieren kann, vielleicht aber sogar zu Aufständen gegen die eigene Regierung führt. Nochmal: Das passiert auf der anderen Seite nicht - es sei denn, man übernimmt dort selbst die Kontrolle in der nächsten Partie.

Dieses Schummeln ist leider allzu offensichtlich. Und was noch schlimmer ist: Es ist völlig unnötig. Der Computergegner spielt schon so sehr gut. Auch unter fairen Voraussetzungen böte er eine große Herausforderung. Kann man diesen Betrug jedoch ertragen, findet man in No Greater Glory ein hervorragendes, vieldimensionales Strategiespiel, dass einen auf Jahre hin beschäftigen kann.

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