The Feeble Files
für PC (Windows)

01.jpg
Anchantia:Mr Creosote:Gesamt:
4/6
Besucherwertung:
5/6
Weitere Titel: Floyd: Es gibt noch Helden
Firma: Adventure Soft
Jahr: 1997
Genre: Denkspiel, Adventure
Thema: Humor / Science Fiction
Sprache: English, Deutsch
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 30412
Rezension von Mr Creosote, Anchantia (09.12.2010)
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[Mr Creosote] Floyd, oder im Original The Feeble Files, stammt aus dem Hause Adventuresoft, hauptsächlich bekannt für die Simon the Sorcerer-Reihe. Unter dem Namen Horrorsoft machten die gleichen Menschen vorher ebenfalls recht populäre Spielchen wie Elvira - Mistress of the Dark oder Waxworks.

[Anchantia] Mir sind vor Allem natürlich die ersten beiden Simon-Spiele ein Begriff und war sehr gespannt, ob Simon Woodroffe eine ebenso fesselnde SciFi-Welt entwickeln konnte.

[Mr Creosote] Mindestens Eines haben die Spiele dabei gemeinsam: Es darf gelacht werden.

[Anchantia] Wobei der Humor bei Floyd ein wenig hintergründiger ist, als bei den Simon-Spielen - die ja eher „slapstickorientiert“ waren.

Story

[Mr Creosote] Das stimmt - wobei wir zuerst eine kleine Einführung in die Handlung geben sollten: Floyd ist ein ziemlich normales außerirdisches Wesen - er will mit möglichst wenig Problemen einfach nur durchs Leben kommen.

[Anchantia] Sein Job ist es, einfache Kornkreise zu ziehen und die Bewohner diverser Klasse-B-Planeten (u.A. die Erde) in Angst und Schrecken zu versetzen. Ansonsten ist er ein harmloser Angestellter.

[Mr Creosote] Und er scheint mit seiner Existenz prinzipiell durchaus zufrieden. Nun muss man sagen, dass die Gesellschaft, in der er lebt, deutlich totalitär geprägt ist: Ein „Big Brother“ namens Omnibrain kontrolliert, überwacht und verbreitet Schrecken.

[Anchantia] Die ganze Welt erinnert dabei an George Orwells „1984“. Omnibrain kontrolliert die Gedanken der Bewohner und es gibt strenge Regeln. So dürfen die Bewohner keine Trauer zeigen, da Omnibrain dies als Kritik des Systems sieht.

[Mr Creosote] Nun ist das allerdings in dieser Gesellschaft alles normal und (in bester menschlicher Tradition) wird es von den Bürgern als normal angesehen, da man sich schließlich an alles gewöhnt. So auch Floyd, der von den Methoden des Staates überzeugt ist und diese aktiv unterstützt.

[Anchantia] Dies geht soweit, dass Floyd Schuldgefühle bekommt, weil er gegen einen Automaten (der Geld geschluckt hat und nichts ausgab) getreten hat. In dieser Gesellschaft ist es üblich zu beichten. Dabei spricht der „Schuldige“ zu einer Computerkonsole, welche diese Beichte dann an die zuständige Behörde weitergibt. Auch gibt es viele Kontrolleure und Roboter, die jedes Abweichen damit bestrafen, dass die betreffende Person einfach eliminiert wird.

[Mr Creosote] Um als also ganz deutlich auszusprechen: Floyd ist ein feiger Denunziant, der im ersten Akt des Spiels gleich mehrere Leben auf dem Gewissen hat. Einen Frachterpiloten schwärzt er als Feid der Gesellschaft an, nur um seine Landeerlaubnis zu bekommen. Und später zerstört er nicht nur mutwillig die Beziehung zweier „Menschen“, sondern führt damit auch direkt deren Hinrichtung herbei - da Trauer ja wie gesagt verboten ist. Nur, um eine Telefonzelle als Umkleidekabine benutzen zu können.

[Anchantia] Ich denke nicht, dass er ein feiger Denunziant ist. Zu diesem Zeitpunkt wusste er es nur nicht besser. Es scheint ja so, dass dieses System in dieser Gesellschaft schon seit Generationen besteht. Und wenn man so aufwächst, dann glaubt man natürlich erst mal an die Gesellschaftsordnung. Dass Floyd kein feiger Denunziant ist, zeigt sich auch darin, dass er seine Meinung immer mehr ändert, je weiter er „hinter die Kulissen“, z.B. auf den Gefängnisplaneten Cygnus Alpha, blickt.

[Mr Creosote] Denunziantentum hat ja erstmal nichts mit der Frage der Prägung zu tun - er ist einfach einer, auch wenn es nachvollziehbar ist, warum. Später gerät er dann selbst in die Fänge des Staates, wird in ein Umerziehungslager geschickt und schließt sich dort einer Rebellengruppe an - allerdings mehr gezwungenermaßen als enthusiastisch.

[Anchantia] Floyd als Charakter ist nun auch kein Enthusiast - zumindest in weiten Teilen des Spiels nicht. Er ist schüchtern und manchmal sogar ein wenig trottelig. Aber genau das macht den Charakter so liebenswert und man begleitet ihn gern durch die Geschichte.

[Mr Creosote] Eben: menschlischer als die meisten Menschen!

[Anchantia] Ein Beispiel für die Trotteligkeit: Auf Cygnus Alpha begegnet er Dolores von der Widerstandsgruppe. In jedem anderen Spiel wäre den Helden klar, wie er Sie befreien kann. Hier muss Dolores ihm aber alles runterbeten (was die Befreiung betrifft) und fragt sich: „Wie kann es sein das du ausgesucht wurdest?“ Solche Situationen geben den Spiel auch den nötigen Humor. Gerade zu Anfang fande ich das Spiel nämlich ein wenig trocken, aber es wird besser.

[Mr Creosote] Interessant - ich fand den Anfang deutlich gelungener. Als es dann mit dem Revolutionskram („Rebell wider Willen“) losging, wurde es meiner Meinung nach deutlich durchschnittlicher. Meinetwegen hätte es die ganze Zeit so weitergehen können, dass man sich irgendwie durchzulawienern versucht im täglichen Leben dieser Gesellschaft - mit all den genannten Kollateralschäden.

[Anchantia] Dann hätte man aber keine Geschichte aufbauen können, die sich immerhin über 4 CDs erstreckt. ;-) Gerade diese schleichende Wandlung von Floyd - der das Geschehen immer wie ein Außenstehender beobachtet - und dessen Interaktion mit Dolores oder diesen sadistischen Roboter SAM - machen für mich den Reiz des Spiels aus.

[Mr Creosote] Klar, es gibt auch noch später witzige Momente. Der von dir genannte Roboter, der sich auf permanentem Vernichtungskurs befindet, ist ein Beispiel. Aber dieser Humor ist dann eben lange nicht mehr so subtil und hintergründig, wie der am Anfang. Du sprichst aber den Umfang des Spiels an: Puh... ein ganze schön langer Brocken!

[Anchantia] Ja, da haben die sich mal richtig ins Zeug gelegt. Also ich habe mit Sicherheit mindestens 13 Stunden dran gesessen. Wenn man das Spiel komplett ohne Lösung spielen will, kann man wohl das doppelte an Zeit einplanen. Aber nochmal zur Geschichte: Im Endeffekt geht es im Verlauf darum, das System zu stürzen. Die Thematik ist zwar schon häufiger da gewesen - aber hier ist sie sehr wendungsreich, kreativ und unterhaltsam verpackt. Gerade im Bereich der Computerspiele habe ich lange kein Spiel mehr gesehen mit solch einen stimmigen Drehbuch. Wie siehst Du das?

[Mr Creosote] Wie gesagt: Der Anfang war eine sehr originelle Variante der üblichen Überwachungsstaatsgeschichte, da man eben einen Mitläufer dessen spielt. Die Rebellion fand ich dann ziemlich clichébeladen mit all ihren Verschwörungen und Charakteren. Schöner hätte ich es beispielsweise, wenn es schon unbedingt eine Rebellion geben muss, gefunden, wenn eben nichts Großes dahintersteckt - frei nach Ming, dem Gnadenlosen: „Warum greift ihr die Erde an?“ - „Warum nicht?“. Dazu kam, dass ich diese Dolores sehr unsympathisch fand.

[Anchantia] Finde ich eigentlich nicht, was sicher auch an der Synchronstimme von Whoopi Goldberg liegt. ;-) Wie gesagt, ich mag ja solche Rebellionsgeschichten und da finde ich Floyd gar nicht mal so schlecht. Wie gesagt: Eine lange Geschichte mit vielen Dialogen und noch mehr Zwischensequenzen.

[Mr Creosote] Genau, Whoopi Goldberg: der Inbegriff der Nervigkeit!

Gameplay

[Anchantia] Fehlen eigentlich nur noch die Rätsel. Wie fandest Du den Rätselteil des Spiels?

[Mr Creosote] Wechselhaft. Wenn man denn man in Ruhe „rätseln“ durfte, war es gut. Nicht so toll waren einige zeitkritische Szenen, die schnell nervten.

[Anchantia] Du sprichst gerade den Abschnitt im Gefängnis an, oder? Wo man zufallsbedingt von einem Ort zum anderen katapultiert wurde? Das hat mich auch tierichst genervt. Ansonsten finde ich die Rätsel aber auch sehr schwer. Zwar nicht unbedingt unlogisch, aber dennoch ziemlich hart. Wer kommt z.B. auf die Idee, dass man Gegenstände mit einem kaputten Teleporter vergrößern kann?

[Mr Creosote] Ja, das Gefängnis war extremst schlimm. Vor Allem: Selbst, nachdem man einmal gezeigt hatte, das man wusste, wie man prinzipiell entkommt, musste man es, wenn man wieder gefangen wurde (was aufgrund von Zufallselementen nicht immer zu verhindern war) immer und immer wieder vor vorne machen - einmal hätte gereicht! Ansonsten, ja, die Rätsel sind schon deutlich für Experten ausgelegt. Was sich nochmal dadurch verstärkt, dass man sehr schnell sehr viele Orte bereisen kann und so also kaum „alles mit allem“ ausprobieren kann.

[Anchantia] Für mich, obwohl ich sehr gerne und viel Adventures spiele, waren diese Rätsel schon eine Spur zu heftig - auch wenn das Design her sehr abwechslungsreich ist. So gibt es ja auch ein paar Puzzleaufgaben und Dialogrätsel. Später kann man auch die Kontrolle von SAM und Dolores übernehmen. Die Entwickler haben sich schon was gedacht, um von 08/15-Inventarrätseln wegzukommen und Abwechslung zu schaffen. Positiv ist übrigens, dass man nicht sterben kann!

[Mr Creosote] In manchen Belangen war mir die Abwechslung allerdings zu viel: Immer wieder wurde der Spielfluss durch reine Denksportaufgaben unterbrochen, die einen aus dem eigentlichen Geschehen hinausrissen.

[Anchantia] Hast Du da ein paar Beispiele?

[Mr Creosote] Das Farb- und Formenrätsel am Ende des Gefängnisses, das Chemikalienrätsel im Labor oder der Spielautomat in der Spielhalle.

[Anchantia] Ja, der Spielautomat in der Halle hat mich auch ziemlich genervt - vor Allem da ich es immer hasse, wenn man bei einem Adventure ein integriertes Minispiel schaffen muss um überhaupt weiterzukommen.

[Mr Creosote] Vor Allem, da das alles altbekannte Spielchen sind, die einem nun wirklich zum Hals raushängen. Gleichzeitig am Interessantesten und am Nervigsten aus dieser Auswahl: Mastermind. Allerdings mit sechs zu erratenden Stellen, sechs „Farben“ und der Möglichkeit mehrfachen Einsatzes jeder davon - mit nur zehn Versuchen ist das komplexitätstechnisch schon ziemlich happig.

Präsentation

[Anchantia] Ich denke, da hat man sich auf den kleinst möglichen Nenner geeinigt. Kommen wir nun mal zur Technik und zur Präsentation. Oder hast Du zum Gameplay noch was zu sagen?

[Mr Creosote] Ja... die Grafik... der eigentliche Schwachpunkt des Spiels.

[Anchantia] Schwachpunkt?

[Mr Creosote] Die Schauplätze sehen hässlich aus, die Figuren sind „dank“ 3D-Renderings stocksteif (was sich auch extremst unvorteilhaft auf Floyds Lauf-(um-)wege auswirkt) und die Bildschirme sind völlig überladen mit blinkenden und glitzernden Kleinigkeiten.

[Anchantia] Da geht es dir anders als mir. Gerade die „blinkenden und glitzernden Kleinigkeiten“ zeugen bei mir von Lebendigkeit der Spielwelt, zusammen mit den ganzen kleinen Animationen. Die Schauplätze sind an sich nicht die kreativsten - z.B. erinnert mich diese Spacebar frappierend an diesen McDonalds-Verschnitt in Simon 2 - aber so ganz schlimm finde ich die Locations nun nicht.

[Mr Creosote] Nimm die Stadtszenerie - da wusste ich gar nicht, wo ich überhaupt hinklicken sollte, so viel Kram war da. Die Farb- und Schattierungsmethode machte es mir darüber hinaus schwierig, manchmal überhaupt Vorder- und Hintergrund zu unterscheiden. Reizüberflutung pur.

[Anchantia] Gut, aber dafür war die Szenerie jetzt nicht so extrem groß, dass man sich darin verlieren konnte. Wie gesagt, ich würde die Grafik im oberen Mittelmaß ansiedeln. Sicher musste man sich wohl seitens des Studios an den damaligen 3D-Zwang anpassen, der in der Industrie vorherrschte. Und da gab es weitaus schlimmeres, wie ich finde.

[Mr Creosote] Nicht ganz so schlimm, aber ebenfalls unschön fand ich die Bedienung. Die ist nicht direkt schlecht, hätte aber deutlich einfacher sein können.

[Anchantia] Zum Beispiel, dass man ständig ins Menü musste, um zum Inventar zu gelangen fande ich sehr umständlich. Oder dass Floyd so ewig über den Bildschirm schlich, hat mich fast schon wahnsinnig gemacht. Warum hätte man mit einem Doppelklick auf den Ausgang das ganze nicht abkürzen können?

[Mr Creosote] Ganz genau - immer und immer wieder durch dieses (sich sehr langsam aufbauende) „Grüße, Bürger...“-Menü, das dann auch allerhöchstens sechs Objekte gleichzeitig anzeigen kann, sondern stattdessen die Bildschirmfläche anderweitig vergeudet. Und dann dieses ewige Durchklicken der Verben per rechter Maustaste...

[Anchantia] Wobei das mich noch am Wenigsten gestört hat. Gab ja nur vier Verben. Es geht nicht ganz so flüssig wie bei Sam & Max Hit the Road. Aber es sind halt kleine Macken die den Komfort doch ein wenig dämpfen.

[Mr Creosote] Ganz genau. Die Vertonung ist dafür sehr professionell gelungen.

Übersetzung

[Anchantia] Oh ja, die Synchronsprecher machen ihre Arbeit sehr gut. Und ist dir aufgefallen, dass man sämtliche Schriften und Schilder im Spiel eingedeutscht hat? Bei der Lokalisierung hat man sich wirklich alle Mühe gegeben. auch hat man einige Dinge ans deutsche Publikum angepasst, wie z.B. der sehr treffende Kommentar zur Stasi am Anfang.

[Mr Creosote] Die Sprecher sind offensichtlich alle Profis - was das Spiel schon positiv heraushebt. Vielfach war es zu der Zeit ja noch üblich, einfach mal den Hausmeister vors Mikrofon zu setzen (oder die Sekretärin, weil die die einzige Frau im Programmiererschuppen war). Auch die Übersetzung selbst (d.h. die Formulierung der Texte) ist größtenteils gut gelungen.

[Anchantia] Nicht nur offensichtlich. Der Floyd wird z.B. von Tobias Meister gesprochen (http://de.wikipedia.org/wiki/Tobias_Meister). Ein umtriebiger Synchronsprecher, der u.A. die Stamm-Synchronstimme von Brad Pitt und Sean Penn ist. Und in Einem muss ich dir widersprechen: Spätestens mit den LucasArts Adventures und den Adventures Simon the Sorcerer oder Discworld ging man dazu über, vermehrt Synchronstudios zu beauftragen, worauf es dann ja witzigerweise immer diese Sticker auf den Hüllen gab „Mit Stimmen bekannt aus Funk und Fernsehen“.

[Mr Creosote] Unterschiedlich: In die voll vertonten CD-Versionen wurde bei Lucas Arts (oder für Deutschland Softgold) Geld gesteckt - aber die Diskettenversionen hatten jeweils nur ein vertontes Intro, wo die Stimmen dann schlechter kaum hätten sein können. Es war eben eine Übergangszeit.

[Anchantia] Stimmt. Aber gegen die alten Synchronarbeiten der damaligen Adventures finde ich viele heutige Spielsynchros einfach laienhaft - ist sich aber auch Geschmackssache.

[Mr Creosote] Ich habe es mir mal gegeben und das Spiel mit englischen Texten, aber deutschen Stimmen zu spielen. Die Übersetzung geht durchaus in Ordnung, da sieht man im Fernsehen häufig deutlich schlechteres (Stichwort: wörtliche, aber sinnentstellende Übersetzung).

Fazit

[Anchantia] Leider hat es den Spiel trotzdem nichts genützt. Als es herauskam, war die Zeit der Adventures schon vorbei und es lag wie Blei in den Regalen. Wollten damals halt alle schon diese ganzen 3D-Shooter spielen. Wie ist dein Fazit zum Spiel?

[Mr Creosote] Allen in Allem guter Durchschnitt. Einerseits freut es mich, dass zu der Zeit überhaupt nochmal etwas „Anspruchsvolleres“ herausgekommen ist, das nicht in zwei Stunden durchspielbar war. Auch die Geschichte hat mir gut gefallen. Nachteilig der fehlende Bedienungskomfort, die abgrundtief hässliche Grafik und teilweise rein „spielverlängernde“ Einschübe ohne Sinn und Verstand.

[Anchantia] Ich würde das Spiel sogar als gut bezeichnen. Der Humor gefällt mir sehr gut, die Charaktere sind zum großen Teil sympathisch und die Geschichte gefällt einfach. Technisch finde ich es auch gelungen. Einzig der angesprochene fehlende Bedienungskomfort sowie die extrem schweren Rätsel trüben den Spielspaß. Ich würde dem Spiel aber trotzdem 5 Punkte geben.

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