Questprobe Featuring Spider-Man
für C64

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Mr Creosote:
Weitere Titel: Spiderman , Questprobe 2: Spider-Man
Firma: Adventure International
Jahr: 1984
Genre: Adventure
Thema: Umsetzung eines anderen Mediums / Cartoon & Comic / Sonstige Fantasy / Textbasiert
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 16913
Rezension von Mr Creosote (05.03.2022)
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Im Rückblick war eigentlich bereits in den frühen 80er Jahren klar, wie sehr der Stern von Scott Adams bereits zu sinken begonnen hatte. Seine Firma, Adventure International, nannte sich immer noch Marktführer im Bereich der Textadventures, auf Basis der hervorragenden Verkaufszahlen seiner ersten Erfolge. So gelang es Adams, ein paar Lizenzen an Land zu ziehen. Eine für eine aktuellen Blockbuster-Film (der übelst an der Kinokasse floppte), eine für eine Fernsehserie (die keine Zuschauer fand) und zuguterletzt bekam ein einen scheinbar lukrativen Deal mit Marvel Comics in die Finger – der zum Sargnagel für Adventure International werden sollte, als Zahlungen nicht zeitig eingingen.

1984 ging es mit der Questprobe-Reihe los (ursprünglich geplant waren zwölf Spiele) und Spider-Man war der zweite Teil. Die frühen 80er Jahre waren für Comics keine gute Zeit. Diese Zusammenarbeit fand also vor der großen Wiederbelebung des Mediums mit Watchman oder The Dark Knight Strikes Back statt. Zu jener Zeit waren Comics immer noch simple Eskapismusgeschichten für Kinder – die sich allerdings immer weniger interessiert zeigten. Ein kleines Heft lag in der Packing bei, dient als Rahmenhandlung für das Spiel und illustriert die unglaubliche Albernheit typischer damaliger Superheldengeschichten bestens: „You seem to have taken leave of your senses, Spider-Man! Which gives me the opportunity to pummel you into submission!“ Man muss es eingestehen: Spider-Man wurde erst ein paar Jahre später, unter der Feder von David Micheline und Todd McFarlane wieder „cool“.

Das Timing war also wirklich schlecht, da beide Firmen sich gerade wirtschaftlich wie künstlerisch im freien Fall befanden. Im Rückblick einfach zu sagen.

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Spider-Man trifft seine größten Feinde

Worum geht es in dem Spiel also ausgehend von erwähntem Comic? Die beiden ergänzen sich auf seltsam symbiotische Weise. Letzterer spannt einen überkomplexen Plot um friedensliebende und kriegerische Aliens, alles zermalmende Raumflotten, einen Supercomputer, der von einem Edelstein mit Bewusstsein gesteuert wird, der aber wiederum den Befehlen eines gleißendem Rieseneis gehorcht, auf. Dazu gesellt sich eine mysteriöse, neu eingeführte Figur namens „Chief Examiner“, der die Kräfte der irdischen Superhelden zu „verstehen“ versucht (eventuell auch auszusaugen oder zu kopieren?). Das Spiel macht dagegen praktisch keinerlei Anstalten, überhaupt etwas zu erzählen.

Vielmehr findet sich Spider-Man einfach in einem Gebäude wieder, in dem sich unerklärt auch seine versammelten Erzfeinde aufhalten. Es gilt, Edelsteine zu sammeln und Madame Web zu bringen. Nach der gedruckten Einführungslektüre sollen wir wohl annehmen, es handele sich um eine Illusion des Chief Examiners, um Spider-Man auf die Probe zu stellen. Die tatsächliche Entstehungsgeschichte ist jedoch wahrscheinlich andersherum: Scott Adams hat seine übliche Schatzsuche programmiert und dann musste ein Vorwand her, dem Ganzen einen Rahmen zu geben.

Während andere Firmen bereits neue Bereiche für das Genre erschlossen, setzte Adams weiterhin auf die alternde Formel, auf die sein usprünglicher Erfolg begründet gewesen war. Spider-Man ist ein sehr herrkömmliches Adventure rund um verschlossene Türen und Wege, in dem man hauptsächlich versteckte Objekte finden muss.

Charaktere existieren nur als mechanische Objekte. Wo der Comic in seiner überbordenden Wortfülle erstickt, ist das Spiel das diamtrale Gegenteil insofern, dass es überhaupt keine expositorischen Beschreibungen oder Dialoge gibt. Es beschleicht einen das Gefühl, Adams und seine Mitstreiter bei Adventure International hätten jenseits des Markennamens kein Interesse an dem Marvel-Universum entwickelt.

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Zeit zu klettern!

Was die Rätsel angeht, sieht es immerhin thematisch etwas besser aus. Spider-Man darf unmögliche Klettereien anstellen und die Spezialkräfte der Bösewichte werden ebenfalls herausgestellt – einmal entsteht daraus sogar eine wirklich originelle Problemlösung, wenn eine Person im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Objekt und „eingesetzt“ wird. Davon abgesehen sind die Rätsel jedoch ziemlich durchschnittlich; meist reicht es, genau alles abzusuchen und manchmal schlägt es in die absurde Gegenseite um, aufgrund des Gefühls, es müsse auch mal ein „schwieriges“ Rätsel vorkommen. Das Spiel wurde als mittelschwer beworben. Selbst das mag noch eine leichte Übertreibung sein angesichts dessen, dass selbst der Tod nicht das Ende ist. Moment, zumindest in diesem Aspekt hat sich Scott Adams wohl doch weiterentwickelt.

Auf technischer Seite bietet die C64-Version statische Illustrationen der Räume. Die Comiccharaktere werden in bekannten Posen dargestellt, aber insgesamt kann man nicht von einer entscheidenden Aufwertung des Gesamtpakets sprechen, da sie ansonsten detailarm und ohne künstlerischen Blick gestaltet sind. Andere Versionen des Spiels kamen komplett ohne sie aus. Dadurch ist immerhin sichergestellt, dass man den faden Pixelbrei niemals erkennen muss, da relevante Objekte garantiert auch im Text auftauchen.

Zuguterletzt brüstet sich die Anleitung mit einem Parser, der angeblich vollständige Sätze versteht. Trostlose Realität ist dagegen, dass man es mit dem bekannten VERB-NOMEN-Format zu tun hat. Zusätzliche Worte werden einfach herausgefiltert. Wenn es wirklich darauf ankommt, und man SPRAY WEB eingibt, dann fragt einen das Spiel trotzdem AT WHAT, so dass man das Ziel als zweiten Zweiwortbefehl klarstellen kann. Genau wie in den 70ern.

Es zeichnet sich ein klares Bild von dem Druck, unter dem Adventure International zu der Zeit stand. Konkurrenz wir Infocom oder Level 9 waren meilenweit voraus, was Ein- und Ausgabe sowie interessantere Spielwelten anging. The Hobbit hatte gezeigt, dass selbst krude Grafik die Fantasie der Spieler anregen und eine bekannte Lizenz zu einem großen kommerziellen Erfolg machen konnte. Spider-Man ist leider nur ein halbherziger Babyschritt. Es macht aus der ohnehin zu der Zeit ziemlich schwachen Lizenz herzlich wenig. Spielerisch und technisch geht es in allen greifbaren Belangen in Ordnung, aber abgewanderte Kunden konnte man so sicher nicht mehr zurückgewinnen.

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Rezension von Mr Creosote (05.06.2002)
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Spiderman - der erste Superheld im Teenageralter. Er war einfach nur ein normaler, schüchterner Teenager mit seinen typischen Eigenheiten, der eigentlich immer nur bei den Mädchen ankommen wollte, aber es nicht einmal schaffte, sie anzusprechen. Zu Hause hatte er Probleme mit seiner Tante. Zukunfts- und Berufspläne? Was ist das? Alles in allem also einfach die ganz normalen Probleme eines Heranwachsenden - womit sich die Leser direkt identifizieren konnten.

So war es damals in den frühen 60ern, als die Comicserie begann. Und das alles hat so gut wie überhaupt nichts mit diesem Spiel zu tun. Warum erzähle ich das dann? Weil aus irgendeinem Grund, obwohl es ein Hauptgrund für Spidermans riesigen Erfolg, und absolut revolutionär war, es Nicht-Insidern absolut unbekannt ist! Und ein bisschen Allgemeinbildung in Geschichte kann doch nie schaden ;)

Was haben wir also hier? Ein Textadventure von Scott Adams. Ja, der selbe Scott Adams, der Pirate Adventure, einen der unbestreitbaren Klassiker der späten 70er gemacht hat. Spiderman ist Teil der Questprobe-Serie, die er in Zusammenarbeit mit Marvel Entertainment produzierte. Die anderen Teile handeln von Hulk, The Thing („Das Ding“) und The Torch („Die Menschliche Fackel“).

Die Miniserie kam zuerst 1978 heraus - damals noch im klassischen Stil: Text, Text und mehr Text. 1984 wurden dann Remakes auf „modernen“ Systemen (wie dem C64) veröffentlicht. Diese hatten zusätzlich Grafiken. Und dieses Spiderman, das ich hier anbiete, ist eines der erwähnten Remakes.

Puh, so viel zu erklären.... jetzt kommen wir aber zum Spiel selbst. Wie von einem Spiel aus den 70ern zu erwarten verkraftet der Parser nur einfache Verb-Nomen Kombinationen. Mehr als zwei Worte werden nicht akzeptiert. Die Puzzles sind sehr simpel und klar strukturiert. Meistens läuft man nur herum, wie in einer dieser klassischen Schatzsuchen.

Einige Puzzles sind sogar ziemlich clever und einfallsreich, doch leider sind diese in der Minderheit. Das Spiel wird davon dominiert, jeden Raum nach versteckten Objekten zu durchsuchen, und böse Buben zu schlagen. Und.... ahem....... ganze Zimmereinrichtungen mit sich herumschleppen, aber trotzdem noch an Wänden hochklettern? Örk!

Die Grafiken sind unterdurchschnittlich für die Mitte der 80er. Statisch, das ist natürlich in Ordnung. Aber die Zeichnung selbst sehen teilweise ziemlich schlampig gemacht aus. Die meisten Charaktere sind kaum zu erkennen, wenn nicht jeweils dabei stehen würde „Lizardman is here“.

Und jetzt zum peinlichen Teil: Ich habe keine Ahnung, worum es in diesem Spiel geht! Spiderman findet sich einfach in irgendeinem Gebäude wieder, in dem, aus welchem Grund auch immer, viele seiner Erzfeinde herumlaufen. Und es liegen überall irgendwelche Edelsteine herum (einige davon von erwähnten Bösewichten bewacht), die man einsammeln, und zu Madame Web bringen muss. Zumindest gewinnt man das Spiel, wenn man dies tut. Daraufhin bekommt man ein Passwort. Aha. Wofür? Das Spiel endet ohne die geringste Erklärung, was das für Steine waren, warum sie über das Gebäude verteilt lagen, was die ganzen „Superbösen“ da wollten und sowieso!

Na ja, ich erwarte ja auch keine tiefgehenden Plots, aber das hier geht dann doch zu weit. Wie soll man sich mit einem Charakter identifizieren, wenn man keine Ahnung hat, was dieser eigentlich vor hat? Das Spiel ist nicht wirklich schlecht, aber die Methoden und Stilmittel einer Schatzsuche auf dieses Genre zu übertragen - das funktioniert auch nicht reibungslos.

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