Captain Verdeterre's Plunder
für Interpreter (Glulx)

Verdeterre.png
Mr Creosote:Herr M.:Gesamt:
3.5/6
Firma: Ryan Veeder
Jahr: 2013
Genre: Adventure, Denkspiel
Thema: Humor / Schifffahrt / Piraten / Textbasiert
Sprache: English
Lizenz: Freeware
Aufrufe: 20655
Rezension von Mr Creosote, Herr M. (07.11.2013)
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[Mr Creosote] Captain Verdeterre's Plunder ist ein humorvolles, sehr kurzes Spiel. Der Spieler übernimmt die Rolle des ersten Maats eines Piratenschiffs, das unwiderbringlich am Sinken ist. Nun gilt es, möglichst wertvolle Schätze, die übers Schiff verstreut liegen, noch zu retten.

[Herr M] Und das alles unter dem stets wachsamen Auge und der scharfen Zunge des namensgebenden Kapitäns, bei dem es sich (anfangs wohl ein wenig überraschend) tatsächlich um eine Ratte handelt. Dem Anschein nach einer recht gierigen noch dazu, denn (fast) nichts scheint ihm wichtiger, als dass die am Ende erbeutete Summe stimmt.

[Mr Creosote] Die ganz interessante Spielidee ist dabei, dass man nicht alles mitnehmen kann. Das Wasser steigt langsam durch die Decks des Schiffs, so dass man weiter unten liegende Räume schon bald nicht mehr betreten kann. Wenn man nicht mit untergehen möchte, muss man sich rechtzeitig zum Rettungsboot begeben. Es gilt also, nur die wirklich wertvollen Dinge schnell an sich zu rapschen und den wertlosen Tand liegenzulassen.

[Herr M] Und kaum einer wird es wohl schon beim ersten mal schaffen, dabei ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen, da man durch den akuten Zeitmangel kaum dazu kommt das ganze Schiff zu erkunden. Vom Einschätzen des Wertes der Objekte ganz zu schweigen. Denn was während der hastigen Plünderung vielleicht wertvoll erscheinen mag, ist dann am Ende beim Hehler keinen müden Kreuzer wert.

[Mr Creosote] In der Endabrechnung listet das Spiel dann auf Heller und Pfennig den genauen Wert jedes Gegenstands auf, und dieser ist auch über mehrere Partien statisch, so dass man durch mehrmaliges Spielen dann versuchen kann zu optimieren. Was sich allerdings nicht so einfach darstellt.

Denn: Die wertvolleren Schätze sind natürlich versteckt oder anderweitig nicht direkt einzusammeln. So gilt es abzuwägen, ob ein einzelner, besonders wertvoller Gegenstand, dessen Beschaffung mehrere Züge benötigt, nun gegenüber vielen weniger wertvollen Priorität haben soll.

[Herr M] Und dieses Abwägen, das Ermitteln der (vermeintlich) besten Route durch das Schiff, bei der man die höchste erzielbare Beute erreicht, macht den eigentlichen Reiz des Spieles aus. Für einen gewissen Wiederspielwert, zumindest bis man alle Schätze einmal entdeckt hat, ist also schon von Haus aus gesorgt.

[Mr Creosote] Das mit dem Entdecken ist auch schon so eine Sache. Wie gesagt verstecken sich einige Schätze hinter kleinen Rätseln von unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Ein Schloss aufzuschießen, ist noch recht logisch. Ein Buch zu lesen, ist vielleicht nicht die naheliegendste Aktion, wenn einem das Wasser bereits zu den Knöcheln steht. Aber diese beiden Beispiele sind schon noch fair. Richtig unfair fand ich den Dolch, der im Mast steckt – für sowas habe ich auch wirklich kein Verständnis!

[Herr M] Diesen Dolch hatte ich bei meinen Durchläufen irgendwann aufgegeben und schließlich sogar beim Autoren nachgefragt, ob es da irgendeinen Trick dabei gibt. Tatsächlich ist es vom Zufall abhängig, eine nicht gerade faire Entscheidung, wie dieser sogar selbst zugegeben hat. Andererseits könnte es auch für eine gewisse Spannung sorgen… wenn da nicht der UNDO Befehl wäre, der das wieder nichtig macht.

[Mr Creosote] Das ist es eben: Die tatsächliche „Lösung“ des Dolchproblems liegt ja letztlich darin, immer abwechselnd GET DAGGER und UNDO einzutippen, bis es klappt. Man bedient sich also einer Aktion, die nicht weltimmanent ist.

Davon abgesehen: Wenn mich nicht alles täuscht, befinden wir uns bei dieser Optimierung im Bereich der np-vollständigen Probleme. Was eigentlich die Ausarbeitung einer Lösungsstrategie ziemlich sinnlos macht. Selbst das nur, wenn man den Zufallsfaktor rausrechnet – sonst müsste man die Sache sogar als stochastichen Prozess modellieren.

[Herr M] Wenn man es mathematisch angeht natürlich schon. Aber ich sehe das ein wenig wie beim Lotto: Sicher kann man ganz nüchtern betrachtet nicht gewinnen, aber wenn man sich der Sache ein wenig hingibt, einfach mal nach Herzenslust alles mitnimmt was nicht niet- und nagelfest ist, weiß das durchaus zu unterhalten. Und nachdem es schließlich schon ein gewisses Optimierungspotential und je nachdem auch verschiedene Enden des Spiels gibt, kann das ganze auch mit diesem Hintergrundwissen ganz lustig sein.

[Mr Creosote] Vielleicht bin ich da ja zu perfektionistisch, aber ich habe drei verschiedene Enden (abgesehen vom Ertrinken) gesehen und die waren alle relativ einfach zu erreichen. Wobei das „beste“ (im Sinne der höchsten erreichten Geldsumme) sogar das uninteressanteste war. Wenn man mir eine solche Aufgabe stellt, dann will ich aber auch wirklich das absolute Optimum herausholen, und das wird mir dadurch vermiest, dass es keine bessere Lösungsmethode als stumpfes Ausprobieren gibt. Wie gesagt, der Mathematiker in mir heult bei sowas auf.

[Herr M] Aber im Grunde macht das Spiel doch nicht soviel anders als die anderen Adventures, außer dass es einem die Rätsel parallel lösen lässt und einem keine fixe Punkteobergrenze und damit eine Menge Freiheiten gibt.

[Mr Creosote] Andere Adventures sind eher eine „Durchkommaufgabe“ als eine der Optimierung. Aber gutes Stichwort: Punktobergrenze. Die Randbedingungen der Aufgabe sind ebenfalls nicht klärbar. Ich habe niemals eine Angabe dazu gefunden, die mir wirklich sicherstellt, dass ich überhaupt alle Schätze prinzipiell identifiziert und lokalisiert habe. Bevor das jedoch nicht klar ist, kann ich nicht optimieren, da die Randbedingungen nicht klar sind. Wieso steht bei der Auswertung nicht zumindest (wie bei klassischen Adventures üblich) die Maximalpunktzahl (also der kombinierte Wert aller Schätze)?

[Herr M] Nun, zum einem wohl, weil es durch das Zeitlimit unmöglich sein dürfte alle Schätze mitzunehmen und man somit Opfer bringen muss, zum anderen, weil es doch wesentlich mehr Spaß machen dürfte, das Schiff selbst zu erkunden, als gleich alle möglichen Schätze aufgelistet zu bekommen. Wie gesagt wird kaum jemand beim ersten mal schon alles gesehen haben (ich habe bei meinem ersten Versuch nicht mal das Rettungsboot gefunden), würde man am Ende verraten, was es alles gibt, würde das schon massiv den Spaß verderben.

[Mr Creosote] Ich sage ja nicht, dass am Ende Name, Wert und Fundort aller Schätze stehen müsste. Nur die Auflistung des Gefundenen wie bisher und dazu dann bitte eine Gesamtsumme aller Schätze die sich an Bord befanden. Eine Zahl, mehr nicht. Dazu dann meinetwegen noch die Anmerkung, dass diese Summe nicht erreichbar ist. Aber dann hätte ich zumindest eine objektive Methode zu prüfen, ob ich überhaupt alle Variablen des Gleichungssystems bereits kenne. Da mir das Spiel das verwehrt, war es für mich nach vier- oder fünfmaligem Durchspielen (was wirklich wenig ist: Eine Partie dauert nur fünf Minuten) uninteressant geworden, da es keine Lösungsperspektive bot.

[Herr M] Zugegeben, wenn man einmal das „beste“ Ende (welches jenes mit dem Eisbär sein dürfte) erreicht hat, gibt es wirklich nicht mehr viel zu tun/sehen. Der Wiederbespielbarkeitswert ist also im Endeffekt dann doch leider ein wenig begrenzt. Interessant wäre dann vielleicht höchstens, sich mit anderen Leuten auszutauschen und die Höchstwerte zu vergleichen.

[Mr Creosote] Es ist ein Spiel, das darauf setzt, wieder und wieder gespielt zu werden. Das ist prinzipiell in Ordnung. Das muss dann aber auch adäquat motiviert werden. Dabei zählt natürlich positiv der lockere Schreibstil, aber der nutzt sich leider nach ein paar Durchläufen ab. Danach hätte es, zumindest für mich, einer fairen Möglichkeit bedurft, die Aufgabe jetzt auch mal systematischer anzugehen als nur „intuitiv“. Von daher fällt mein Fazit trotz technisch einwandfreier Umsetzung leider eher negativ aus.

[Herr M] Für mich war das packende und sehr eingängige Szenario, die wirklich humorvolle Abrechnung am Ende und der gelungene Charakter des Kapitäns, der wirklich geschickt eingesetzt wird, um eine Menge an zusätzlichen Erläuterungen zu liefern, Motivation genug. Mag sein, dass es keine perfekte Lösung gibt, mir sind die damit einhergehenden Freiheiten bei der Erkundung dieser schön detailiert gestalteten Welt aber ohnehin lieber.

Außerdem konnte ich durch ein nettes Bonusfeature ein wenig mein nautisches Vokabular in Englisch ein wenig aufpolieren.

[Mr Creosote] Das bedeutet für unsere Leser also wohl: Ausprobieren! Wie gesagt, ein Durchlauf dauert nur wenige Minuten, also kaum ein Risiko.

[Herr M] Und für die Highscore-Liste: Ich habe 823 Dublonen erreicht. Höhere Gebote bitte in den Kommentaren.

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