Black Dahlia
für PC (Windows)

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Herr M.:Mr Creosote:Wandrell:Gesamt:
3/6
Firma: Take-Two Interactive / Interplay
Jahr: 1998
Genre: Adventure, Denkspiel
Thema: Spionage / Horror / Krimi / Krieg
Sprache: English
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 27792
Rezension von Mr Creosote, Wandrell, Herr M. (28.12.2013)
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[Herr M.] Interaktive Filme… man wäre fast versucht zu behaupten: Kennt man einen, kennt man sie alle. Von den eher bescheidenen Anfängen in Form von briefmarkengroßen Dia-Vorträgen bis zu den bildschirmfüllenden, flüssigen Filmsequenzen haben sie alle eines gemeinsam: Eine schwache Handlung zusammen mit schlechten Schauspielern und dazwischen ein paar absurde Rätsel, die ein wenig aus dem Nichts kommen. Das Spiel, das wir heute besprechen wollen, Black Dahlia, gab sein bestes, mit diesem schlechten Ruf zu brechen, indem alles zur Spitze getrieben wurde, durch eine wirklich beeindruckenden Inszenierung und einer sogar ein wenig kreativen Geschichte.

[Wandrell] Das muss man allerdings ein wenig in Relation sehen. Heutzutage werden Spiele wie eine Art Film verkauft, aber damals (im CD-ROM-Zeitalter), wollte man Spiele mit Filmen machen, ein Gedanke der, im Nachhinein betrachtet, auf sehr halbgaren Ideen basierte und fast immer zu recht eigentümlichen Ergebnissen führte. Wenn man es positiv betrachten will, könnte man sagen, dass es eben ein sehr narrativistischer Ansatz war, mit einer soliden Geschichte als Fundament, zu deren Gunsten bei der Handlungsfreiheit gespart wurde, oder diese gar mit dem reinen Bewundern einer Multimedia-Galerie ausgetauscht wurde, als ob dies eine stärker auf Geschichten zentrierte Art der Interaktion wäre.

[Mr Creosote] Als Black Dahlia veröffentlicht wurde, war der kurzlebige Rummel jedoch fast schon wieder dabei, sein verdientes Ende zu finden. Während es anfangs noch so aussah, als wäre das neue CD-ROM-Speichermedium eine bahnbrechende Neuerung mit beinahe unbeschränkter Speicherkapazität, füllte dieses Spiel bereits ganze acht Silberscheiben. Diese Technologie hatte also einen solch rasanten Fortschritt gemacht, dass man sich, was das Wechseln der Medien anbelangt, genau genommen dort befand, wo man in den letzten Tagen der Disketten aufgehört hatte.

Interaktive Grenzen

[Herr M.] Das lustige an diesen Spielen war, dass man sich in Anbetracht der Tatsache, wie viel Speicherplatz da verbraten wurde, vielleicht eine riesige Spielwelt erwartet hätte, die eine Menge zu entdecken haben sollte. Da sie aber so dermaßen filmhaft inszeniert waren, neigten sie im Gegenteil dazu, die Möglichkeiten des Spielers darauf zu beschränken, auszuwählen, welcher von einer handvoll von Filmabschnitten als nächstes abgespielt werden sollte, so lange bis derjenige gefunden war, der die Geschichte vorantreiben würde. Auf gewisse Weise war man also immer noch bei einem Spiel-Design Marke Dragon's Lair steckengeblieben.

[Wandrell] Es ist eben billiger eine einzelne Szene anstatt einen ganzen Satz von Alternativen zu drehen. Auch nur das kleinste Detail zu ändern würde für die Schauspieler eine Menge Extra-Arbeit bedeuten. Die Filme anstelle der alten handgezeichneten Grafiken waren wohl ein ganz prachtvoller Anblick, es hieß aber auch, dass man das, was das eigentliche Spiel ausmachte, reduzieren musste, zumindest wenn man es vermeiden wollte, nur allzu rasch das Budget zu sprengen. Ich glaube, das ist der Hauptgrund, warum Interaktive Filme den verdienten Ruf erlangten, recht statisch und linear zu sein. Ein Großteil des Geldes ging eben beim Filmen drauf.

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[Mr Creosote] Wir sollten bedenken, dass es nicht gerade leicht war. Wo man (im Adventuregenre) mit vollständig am Rechner geschaffenen Umgebungen was immer man wollte in zahllosen Variationen animieren konnte, war dies mit echten Schauspielern und Kulissen kaum möglich. Man kann einfach nicht in jedem Raum jeden Weg, den ein Spieler mit seiner Figur möglicherweise einschlagen könnte, filmen. Die ersten Spiele dieser Art versuchten es nicht einmal: Sie sparten den Spieler vollständig aus der Handlung aus. Man denke beispielsweise an Night Trap oder an die Sherlock Holmes-Spiele von ICOM. In ein paar Spielen liefen auch fotografierte/gefilmte Protagonisten frei umher, aber die sahen immer völlig unecht aus – wie zum Beispiel bei Dark Seed.

[Herr M.] Während die Filmsequenzen selbst (aus oben genannten Gründen) schon sehr restriktiv waren, ist der entscheidende Faktor – ob man das nun bemerkt oder nicht – was darum herum gebaut wurde, was das Spiele eben sonst noch zu bieten hat. Sehr viele der oben aufgezählten Spiele setzten fast nur auf das Abspielen der Filmchen (wobei es noch dutzende weitere Vertreter dieser Art gibt). Manche Spiele versuchten aber auch, ein wenig mehr zu bieten, oft indem den Filmen ein gewisser Hintergrund, eine Bedeutung verliehen wurde (z.B. durch das Einstreuen von Schriftstücken oder Bildern, die das Gesehene vertiefen) und durch das Verbinden der Abschnitte mit Rätseln, die eben noch mehr Filme eröffneten. Und einige von ihnen taten das sogar recht gut. Mir fallen da beispielsweise die letzten Teile der Zork-Reihe ein. Black Dahlia versuchte sich auch an diesem Ansatz.

[Wandrell] Das Grunddesign dieser Spiele bestand also darin, den Spieler zu einem Abschnitt zu bringen, wo er Entscheidungen treffen sollte. Geht er durch diese Tür, sieht er einen Film, spricht er mit diesem Typen sieht er einen anderen, und schließlich, um das Vorwärtskommen ein wenig einzubremsen und das ganze als Spiel ausgeben zu können, kriegt er noch ein Rätsel vorgesetzt. Löst er es, kommt er zum nächsten Abschnitt, wo es wieder ein paar Filmsequenzen und neue Rätsel gibt.

Die Rätsel waren also der „Knopf“, den man drücken musste, damit die Geschichte weiter geht, einfach nur eine weiterer Teil des Benutzerinterfaces. Das Ganze fand aber zur Zeit des „Multimedia“-Trends des CD-Zeitalters statt. Die Spiele waren also eine Art interaktives Museum, wo man ein paar interessante Eindrücke sammelte, um schließlich zum nächsten Exponat weiter zu gehen.

[Mr Creosote] Seit den Anfängen dieses Genres gab es aber eine technische Entwicklung, die wieder von den herkömmlichen Filmen wegführte. Ab The 7th Guest, wurden echte Schauspieler per Blue Screen in eine vom Computer generierte Welt eingefügt. Bei 7th Guest haute das noch relativ gut hin, da es sich bei den Figuren um halbtransparente Geister handelte. Dort sollte es ja auch nie echt aussehen. Dieses Spiel setzt diese Technik aber ohne eine vergleichbare Erklärung ein und ich muss sagen, dass das nicht so toll aussieht.

[Herr M.] Vielleicht nicht so toll, aber immerhin ist der Blue-Screen-Effekt nicht so offensichtlich und die vorgerenderten Hintergründe sind nun auch nicht so schrecklich. Meiner Ansicht nach gibt es da viel gröbere Probleme bei den 360°-Drehungen und den Panorama-Bildern, die das voraussetzt. Man braucht nur einen Blick auf Byzantine – The Betrayal zu werfen, wo echte Fotos zum gleichen Zweck verwendet wurden. Die sehen trotzdem seltsam aus, weil der Blickwinkel eben immer gerade dieses kleine Bisschen daneben ist, dass man bemerkt, dass etwas nicht stimmt. Es ist also vielleicht nicht nur eine Frage von Computer-generierten Bildern, sondern vielleicht ist die Methode an sich schon nicht ganz perfekt. Die Szenen selbst sehen mir aber ganz in Ordnung aus, gelegentlich ist es nicht einmal so offensichtlich, dass die Hintergründe nicht „echt“ sind.

[Wandrell] Mich hat die 3D/Blue-Screen-Mischung auch nicht gestört. Es sieht vielleicht ein wenig nach Plastik aus, aber sorgt dennoch für Stimmung und erlaubt eine größere Kulissenvielfalt. Zudem wären die etwas surrealeren Szenen ohne Hilfe des Computers gar nicht möglich. Das eigentliche Problem liegt darin, wie statisch alles wirkt. Das Spiel und die Videos fühlen sich ein wenig zusammenhanglos an, obwohl andere Spiele bereits bewiesen haben, dass man die beiden durchaus vereinen kann. Realms of the Haunting schafft das beispielsweise, indem es völlig aus echter 3D-Grafik besteht, was für eine deutlich bessere Immersion sorgt. Dieses Spiel hier setzt mehr auf eine Myst-ähnliche Ansicht, die den Gesamteindruck stört.

[Mr Creosote] Gut, um das Ganze vielleicht einmal zusammenzufassen: Es waren eigenartige Zeiten; einerseits steckten die Technologie und das Genre noch in den Kinderschuhen, andererseits schienen manche Problem schlicht unlösbar – was durchaus der Grund sein mag, warum es diese Art von Spielen nicht mehr viel länger gab. Black Dahlia könnte also gewissermaßen als Kandidat für die Krönung des Genres angesehen werden.

[Herr M.] Zumindest war es einer der Höhepunkte des Interaktiven Films in dieser Form, denn manche moderneren Titel zeigen Anzeichen einer Entwicklung wieder hin zu genau diesen FMV-Spielen, nur werden die Zwischensequenzen in Echtzeit berechnet.

Mäandernde Mysterien

[Herr M.] Aber bleiben wir bei Black Dahlia, insbesondere seiner Geschichte, die sicher eines seiner bemerkenswertestes Merkmale ist. Sie ist eigentlich ziemlich lang. Nun, vielleicht wäre es besser wirklich lang zu sagen. Dieses Spiel gehört wohl zu den längsten Interaktiven Filmen, die ich je gespielt habe. Kein Wunder, dass es auf 8 CDs daherkam.

[Wandrell] Selbst heutzutage bei den DVD-Spielen dürfte es schwer sein, eines zu finden, das so viele Minuten an Zwischensequenzen hat. Man wäre versucht zu glauben, dass das bedeuten würde, dass die Handlung damit recht umfangreich ausfällt. Nun, fürs erste würde ich mal sagen, dass der Name des Spiel nicht ganz zufällig gewählt wurde, auch wenn die eigentliche Bedeutung und die Thematik des Spiels ein paar Sprünge machen. Man selbst, als Jim Pearson, Detektiv einer neu gegründeten Behörde für Gegenspionage, verheddert sich in die Suche nach deren Bedeutung in just dem Augenblick, als einem der Fall eines eben erst zur Ruhe gesetzten Agenten in die Hände fällt. Einem Fall, bei dem Einiges nicht zusammen passt, zumindest für geistig gesunde Menschen.

[Mr Creosote] Es ist 1941, kurz bevor die Vereinigten Staaten in den Krieg eintreten. Obwohl das, was du sagst, alles schon so stimmt, denken unsere Leser bei dem Wort Gegenspionage eventuell an die völlig falschen Dinge. Wir reden hier nicht von einer James-Bond-Geschichte, sondern eher von einem Hard-Boiled-Krimi: Jims Untersuchungen potentieller Nazi-Spione verwickeln sich recht rasch mit dem Fall des (zeitgeschichtlichen) Torso-Killers, einem Serienmörder der seine Opfer auf besonders grausame Art und Weise entstellte.

[Wandrell] Außer dass der historische Fall ein halbes Jahrzehnt früher stattgefunden hat. Aber sowas fällt wohl unter dem Begriff kreativer Freiheit. Sie wollten wohl Nazis dabei haben, dafür mache ich ihnen keine Vorwürfe. Black Dahlia ist der Spitzname eines weiteren berühmten Mordfalls.

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[Mr Creosote] Stimmt, nur hatte man eigentlich das Opfer Elizabeth Short so gennant, während man bei dem Spiel die Bedeutung ein wenig abgewandelt hat, so dass etwas anderes damit bezeichnet wird. Es ist ein wenig seltsam, dass Ms. Short erst sehr spät im Spiel auftaucht; ich hatte bis dahin die ganze Zeit auf ihr Auftauchen gewartet. Und natürlich ist das Ganze, so man sich ein wenig mit dem echten Mordfall auskennt, eventuell ein wenig antiklimaktisch, sobald man von ihrer Rolle in dieser Geschichte erfährt, da man ja genau weiß dass man sie nicht retten wird können. Es war vielleicht nicht gerade die weiseste Entscheidung dem Spieler/Protagonisten das Gefühl zu geben, dass das von allen Dingen das wichtigste Ziel sein soll.

[Herr M.] Noch ein wenig nordische Mythologie beigemengt und man erhält eine ziemlich verworrene Mischung… und doch hat es einen gewissen Stil, eine ganze eigene Atmosphäre irgendwo zwischen Krimi, Groschenheften und Mystery-Thriller. Irgendwie kommt es mir auch fast ein wenig wie ein David-Lynch-Computerspiel vor.

[Wandrell] Was Groschenhefte anbelangt, die Anleihen dazu sind am deutlichsten im ersten Teil des Spiels sind, wo die grausamen Morde mit übernatürlichen Horror kombiniert werden. Sogar der Hauptcharakter merkt einmal an, er fühle sich wie in einer Geschichte von The Shadow. Wobei sich das in den Teilen, die sich mit dem Krieg auseinandersetzen, fortsetzt, da die Nazis von der üblichen Popkultur-Variante sind, also die schaurig-coolen Schurken, die Spaß dabei haben, einen umzubringen, und gleichzeitig ein wenig komisch daherkommen mit ihrer völlig abgehobenen Weltsicht. Außer, dass sich diese wirren Vorstellungen dann doch als wahr herausstellen.

[Mr Creosote] Klar, Groschenheft und Mystery stimmen. Was auch Sinn ergibt, wenn man bedenkt, dass dies die Zeit der Chandler’schen Detektiv-Romane war und diese mit der Besessenheit der Nazis mit dem Übernatürlichen vereint wurden, um die sehr einfache Detektiv-Geschichte in diese Richtung zu bewegen. Den Lynch-Bezug verstehe ich aber nicht ganz. Könntest du das etwas weiter ausführen?

[Herr M.] Lynch daher, weil das Gesehene fast nur ansatzweise vorhanden und kaum logisch ist, mit lebhaften Traumgespinsten daherkommt, es einen Bruch in der Mitte gibt, bei dem alles auf den Kopf gestellt wird, dicht gefolgt von einer Neu-Interpretation der Figuren.

[Mr Creosote] Ich habe keine Anspielungen auf David Lynch bemerkt. Der Protagonist hat ein paar Visionen bei helllichtem Tage. Manche der Charaktere stellen sich als etwas anderes heraus, als was sie ursprünglich behaupten. All das ist aber ziemlicher Genre-Standard. Es ist kein Harvester 2. Bei Harvester geht es wirklich um ein Verzerren der Realität, und nicht nur darum, dass ein paar Personen bezüglich ihrer Motive lügen.

[Herr M.] Nein, auch ich habe keine direkten Zitate oder Bezüge zu seinen Filmen bemerkt, aber der grundsätzliche Aufbau ist, wie ich finde, sehr ähnlich. Besonders das Zerfallen der Handlung im Mittelteil und die absurden Träume, die kaum Sinn ergeben. Ja, man sieht das auch in anderen Spielen, aber da sich dieses Spiel so sehr wie ein Film spielt, werden solche Parallelen viel offensichtlicher. Zumindest für mich.

[Wandrell] Anfangs dachte ich ja, diese Träume würden noch irgendeine Bedeutung haben, aber es stellt sich dann doch nur als Verwirrspiel des Mörders heraus. Was Lynch im speziellen anbelangt, finde ich dass das letzte Kapitel schon eine sehr verstörend surreale Note hat. Ich würde ja behaupten, dass jeder Abschnitt so sein eigenes Thema hat: Die Vierziger und Schundromane, der Krieg und die Klischee-Nazis, und die Nachkriegszeit mit dieser gewissen Dekadenz.

[Mr Creosote] Lynch bedeutet für mich mehr den Zerfall der Realität. Da lauert einfach etwas jenseits der Fassade der schön sauberen Gesellschaft. Identitäten vollziehen scheinbar willkürliche Wechsel. Nichts davon finde ich in diesem Spiel. Hier lauert nur das übliche übernatürliche Zeugs. Identitäten und Rollen bleiben konstant, es lügen ja nur ein paar Leute über die ihrige (ganz normaler Detektiv/Spion-Geschichten-Kram) und es gibt einen ungewöhnlichen Wandel des Protagonisten (auf den wir sicher gleich eingehen werden), der aber weniger mit Surrealismus als mit Handlungschwäche zu tun hat.

[Herr M.] Nenne es Handlungsschwächen oder Surrealismus: Man kann manche Handlungselemente als übernatürlich abtun, aber viele Sache passen einfach nicht zusammen, oder tauchen einfach nicht mehr auf und spielen dann doch keine Rolle mehr, waren eben einfach nur eine falsche Fährte, die für ein wenig Stimmung sorgen sollte. Und meiner Ansicht nach zerfällt die Realität des Protagonisten sehr wohl, so sehr sogar, dass er im „guten“ Ende geradezu verrückt scheint und im „schlechten“ Ende besessen wird. Außerdem: Lügt der Mörder, oder wurde er von der Dahlie verändert? Auf mich wirkte diese Charakterwandlung völlig unnatürlich.

[Wandrell] Es gibt da ein paar Punkte, an die ich mich nicht mehr so wirklich erinnern kann. Weniger, weil das Spiel keine Informationen geben würde, manchmal versucht es das sogar zu sehr, sondern eher weil die Handlung, wie in solchen Detektiv-Geschichten ala Tote schlafen fest, nur für den Augenblick, in den man es spielt, lebt. Dennoch gibt es ein großes Ziel, das ständig präsent bleibt, nämlich den seltsamen Stein. Viele Menschen sind dafür im Laufe der Jahrhunderte gestorben, und nun scheint er wieder ein Blutbad auszulösen, wobei die Nazis ihn in die Finger kriegen wollen, während diese ganzen grotesken Morde, die mit dem Juwel in Verbindung stehen, stattfinden.

Bezüglich des Endes gibt es auch eine Menge zu diskutieren, aber ich denke momentan reicht es mal zu erwähnen, dass man irgendwann einen Ort erreicht, der wohl nur in Träumen existiert. Und das dort stattfindende Ritual, die Schädel die auf einmal lebendig werden und zu singen anfangen, versinnbildlichen ganz gut, was das Spiel punkto Abartigkeit und Horror zu bieten hat.

Zufallsbegegnungen

[Mr Creosote] Die Sache ist die: Es ist vielleicht wirklich nicht immer ganz klar, was beabsichtigter Surrealismus und was einfach nur Zeichen einer schwachen Geschichte ist. Es fängt eigentlich ganz gut an, aber sobald man den Torso-Killer erwischt, fällt alles ein wenig zusammen (und nicht unbedingt in einer beabsichtigten Art und Weise). Die Erzählung springt ein paar Jahre nach vorne; man findet die Schwarze Dahlie (das Juwel), darauf wird sie dem Protagonisten aber aus einem fadenscheinigen Grund wieder abgenommen. Dann wieder ein paar Jahre nach vorne gesprungen und statt einem Schnüffler ist der Protagonist auf einmal ein Abenteurer im Indiana-Jones-Stil. Noch ein Sprung und er ist wieder ein Detektiv. Das nenne ich eine wahrhaft unzusammenhängende Erzählweise.

[Wandrell] Ich glaube bei der Indiana-Jones-Episode handelt es sich einfach um einen Scherz, das Spiel hat manchmal einen sehr eigenen Humor.

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[Herr M.] Es schaut fast so aus, als habe man zuerst die erste Episode entworfen, gedacht, dass das dann doch ein wenig zu kurz sei, und habe dann noch einen zweiten Teil angehängt, zusammen mit einem Intermezzo, das eigentlich überhaupt nicht dazu passt und scheinbar nur dazu dient, ein paar zusätzliche Rätsel und einen völlig bescheuerten Irrgarten einzubauen. Auch das Ende ist da sehr ähnlich: Obwohl es schon von Anfang an dezente Hinweise auf einen gewissen Horror gibt, wirken das Übermaß an Blutrünstigkeit und besagte singende Häupter einfach völlig deplatziert… das hinterlässt ein wenig den Eindruck, als ob sie einfach alles verwenden wollten, was ihnen so eingefallen ist.

[Wandrell] Es gibt ein paar Hinweise auf das deutsche Schloss, daher nehme ich mal an, dass sie es auch während des Krieges besuchen wollten. Ich hatte das zumindest erwartet und es verleiht dem Runenbeutel, den der Hauptcharakter jahrelang herumgeschleppt hat, und von dem man nicht einmal weiß, wie der Vorgänger da rangekommen ist, einen gewissen Zweck. Ich hatte eigentlich geglaubt, dass dem gefälschten Juwel ein wenig mehr Bedeutung zugedacht war, vielleicht um den Geist dieses Heiligen zur Hilfe zu rufen, aber wie man ihn dann letztendlich verwendet scheint mir sehr ungeschickt.

[Mr Creosote] Es liegt aber nicht nur an diesen Sprüngen in Zeit und Raum und dem launischen Protagonisten. Auch alle Nebendarsteller werden genau genommen von Episode zu Episode komplett ausgetauscht. Das markanteste Beispiel dafür dürfte meiner Ansicht nach das Einführen des völlig neuen Schwarms im letzten Abschnitt sein, während derjenige vom Anfang völlig verschwindet und nie wieder erwähnt wird. Warum? Sie hätten doch genausogut das selbe Mädchen verwenden können! Für mich ein klares Zeichen dafür, dass diese Geschichten von unterschiedlichen Leuten unabhängig voneinander geschrieben wurden und dann eigentümlich zusammengestückelt wurden.

[Wandrell] Ich nahm eigentlich auch an, dass man am Ende mit dem Mädchen aus dem Museum zusammen kommen würde. Außerdem misstraute ich dem anderen Mädel. Wenn in einer Serie ein süßes Mädchen gegen ein anderes, so selbstsicheres, ausgetauscht wird, ist das meist, weil ihr etwas passieren wird.

[Mr Creosote] Genau! Diese Verwirrung oder auch das Missverstehen, kommt davon, wenn man seine Handlung so verworren aufbaut.

[Herr M.] Obwohl es so ein Durcheinander ist, kann man dennoch versuchen das ganze zu verstehen, zu interpretieren. Wie wäre es mit folgenden Ansatz? Der erste Teil handelt von einer äußeren Bedrohung, die Deutschen (um genau zu sein die Nazis) wollen Amerika mit einem magischen Artefakt, der Scharzen Dahlie, unterwandern. Sie scheitern daran, die Macht des Steins zu nutzen, doch einer der Amerikaner wird doch so weit beeinflusst, dass der zweite Teil nun von einer inneren Bedrohung, einem Verräter, handelt.

[Wandrell] Der Verräter gehört zur Waffen SS und ist sogar ein Offizier. Nein, ich habe keine Ahnung, wie das hinhauen soll. Natürlich gibt es da die Geschichten rund um die fünfte Kolonne, die der faschistischen Propaganda entspringt und der Angst, ein Unterstützer des Feindes in den eigenen Reihen könnte den gegnerischen Armeen Tür und Tor öffnen. Nur in diesem Fall schaut das ein wenig anders aus, denn bei der Stellung, die er Inne hat, muss irgendjemand seinen Hintergrund sehr genau geprüft haben. Sie versuchen es damit abzutun, dass behauptet wird, er sei ein Kulturattache (was er gar nicht ist), aber das ergibt sogar noch weniger Sinn.

[Mr Creosote] Es wird also deutlich, wie die Undeutlichkeit der Erzählung sich zu Gunsten des Werkes auswirken kann: Es ist möglich es so zu interpretieren, dass es besser aussieht, als es vermutlich ist. Was mich betrifft, würde ich beispielsweise behaupten, dass der Verräter ein solcher von Anfang an ist. Es wird aber nie festgelegt, ob dies der Fall ist, oder ob er es erst wurde, nachdem er im Zuge seiner Nachforschungen von der Macht des Steins erfahren hatte. Genauso wird es nie so richtig klar, wann die andere Figur, die sich plötzlich ganz am Ende als böse herausstellt, ihren Gesinnungswandel vollzieht. War der Charakter die ganze Zeit über einer der Bösen, d.h. wurde er von ihnen geschickt um den Protagonisten zu beobachten? Oder war es eine Gehirnwäsche in letzte Sekunde?

[Herr M.] Ich glaube das der letzte Teil furchtbar konstruiert wäre, falls dieser Charakter keiner Gehirnwäsche unterzogen worden ist, das wären schon gar arg viele Zufälle auf einmal… was aber wiederum wieder am schlechten Erzählstil liegen mag. Doch egal wie verworren das Ende auch sein mag, ich finde es bietet einen gewissen Unterhaltungswert, vielleicht weil es genug Lücken gibt, um sie mit der eigenen Vorstellungskraft zu füllen, und doch genug Hintergrund vorhanden ist, dass nicht alles in der Luft hängen bleibt. Wäre die Gesamthandlung ein wenig kürzer und der Bruch in der Mitte nicht gar so offensichtlich, würde ich es sogar (für einen interaktiven Film) als gut bezeichnen.

[Wandrell] Ich mochte die Handlung auch, obwohl man in dem Teil, der sich mit dem Krieg beschäftigt, fast nur herumspringt. Erst ein Bunker, dann ein kurzer Besuch in einem Schloss und dann noch der Luftwaffenstützpunkt, der ein Mini-Besuch ist, der eben nur eine Verbindung zum nächsten Teil, der Rückkehr in die Vereinigten Staaten, herstellt.

[Mr Creosote] Dem stimme ich zu, das mit den kurzen Szenen im Schloss und der Basis bringt nur das Erzähltempo durcheinander. Die Dahlie zum Ende des Krieges nur mal kurz auftauchen zu lassen und den Schurken einfach reinspazieren und sie dem Helden wieder abnehmen zu lassen hätte eigentlich gereicht. Stattdessen muss man sich diese Indiana-Jones-Episode antun, die einfach kein Ende nehmen will und die Handlung kein Stück voranbringt! Einfach die erste Episode und dann ein Sprung zur letzten hätte zu einer wesentlich spannenderen und logischeren Geschichte geführt.

[Herr M.] Das Ganze hätte auf alle Fälle etwas mehr Bearbeitung vertragen. Es ist mehr als genug Material für ein paar Schnitte vorhanden. So wie es jetzt ist, braucht es arg lange, bis man das Ende erreicht, was ein wenig schade ist, da man bis dahin schon ein wenig erschöpft sein dürfte und dadurch Dinge, die für die Handlung wichtig sein könnten, allzu leicht übersieht.

Zwiespältiges Ende

[Wandrell] Dieser letzte Teil, die Rückkehr, geht so schnell von statten, wie es die Engine erlaubt. Nicht nur, weil es in einem Zug beginnt, aber auch weil Dinge passieren, die das Spiel immer weiter am Laufen halten. Dennoch gibt es da eine Stelle, über die ich mich immer noch wundere. Irgendwann sagt ein Kommissar, er habe Nachforschungen bezüglich des Verräters angestellt und dass dieser gar nicht existiere. Deutet das auf das Ende hin? Es kommt aber in einem Teil des Spiels vor, der wenig mit dem Rest verbunden ist und es gibt kaum etwas anderes, das darauf hindeuten würde.

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[Mr Creosote] Wie üblich könnte man das, aufgrund der schlampigen Erzählweise, so oder so interpretieren. Ich habe das einfach so verstanden, dass der Schurke seine Spuren erfolgreich verwischt hat. Deshalb konnte man ihn in keinem Verzeichnis mehr finden.

[Herr M.] Eigentlich schade, dass solche kleinen interessanten Details dermaßen unter dem ganzen anderem Zeug vergraben sind. Unter diesem Gesichtspunkt könnte man das Ende ganz anders verstehen.

[Wandrell] Genau genommen gibt es zwei Enden. Das schlechte und das gute, die man als schwarz und grau bezeichnen könnte. Aber fangen wir mal ein wenig damit an, die Situation zu beschreiben, die einem zum Bösewicht bringt. Er führt einen in die Irre, damit man etwas Zeit verliert, und er brandmarkt einen (Ist das dann nicht schon das dritte mal, dass man irgendein mystisches Zeichen bekommt? Diesmal ist es halt eine Rune in der Hand), damit man schließlich dorthin zurückkehrt wo er einen vorher weggelockt hatte, um dort mitten in einem Slasher-Film zu landen.

Aber das Beste sind die magischen Fähigkeiten die der Bösewicht da plötzlich aufweist. Ich mochte diese Szene, trotzdem es ein wenig seltsam wirkt, dass er auf einmal so sehr im Okkulten bewandert ist. Es fühlt sich auch irgendwie verkehrt an, wenn er das Portal zu dem Raum aus den Träumen öffnet, was die eigenartige Atmosphäre der Situation nur noch zusätzlich unterstreicht. Jenseits steht der Thronsaal mit der magischen Quelle. Den nordischen Mythen entsprechend, mag das Mimirs Quelle oder Odins Thron sein. Doch wen kümmert das, angesichts der Tatsache, dass man nun ganz schön in der Scheiße steckt?

[Mr Creosote] Ich habe das Ende recht wörtlich genommen, d.h. der Protagonist verhindert, dass das Böse die Welt erobert, aber natürlich wird ihm das keiner glauben. Er ist dennoch zufrieden, da er weiß, was er erreicht hat. Ich möchte aber nicht behaupten, dass man es nicht auch anders sehen könnte, z.B. dass der Protagonist ein völlig paranoider Mörder ist. Das würde bedeuten, dass der Spieler eine Art Komplize für seine Handlungen gewesen wäre, was ein netter Meta-Kommentar im Sinne von Bliss gewesen wäre – obwohl ich stark bezweifle, dass das die Autoren tatsächlich vor hatten. Das andere Ende, wo die Pläne des Bösen Früchte tragen, bestätigt meiner Ansicht nach meine wörtliche Auslegung des Endes – außer auch dies wäre eine Szene, die nur in der Fantasie des Protagonisten stattfindet (was eine extrem schwache Erklärung wäre).

[Herr M.] Nein, es fände eher in der Fantasie von Dennis Hoppers Charakter statt (nebenbei bemerkt ein sehr feiner Gastauftritt). Da es ja eine Menge Träume gibt, und die Schwarze Dahlie diese ja scheinbar irgendwie kontrollieren kann, wäre es nicht so weit hergeholt, wenn das alles nur Einbildung wäre. Aber wie man es auch dreht und wendet: Da wird hervorragende Arbeit geleistet. Das erwähnte magische Reich, nur eine Person weiß die ganze „Wahrheit“ (ob nun paranoide Wahnvorstellung oder echt), ein völlig überzogenes schlechtes Ende… Was will man da noch mehr?

[Wandrell] Ich glaube, wir machen uns zu viele Gedanken darüber. Ich mochte allerdings das böse Ende mehr, da es düster, aber eindeutig ist. Und wir sind uns ja sowieso einig, dass die Handlung genug Spielraum lässt, dass man ein wenig interpretieren kann, und das ist ihre wirkliche Stärke. Es ist gerade so schlecht, dass es wieder gut ist, ähnlich wie bei so manchen Kult-Klassiker.

[Mr Creosote] Ganz mein Reden, wir machen uns viel zu viele Gedanken darüber. Trotzdem mag ich die bittere Ironie des einen Endes (das, in dem die Hauptfigur verhaftet wird). Das hat mir sehr gut gefallen, auch wenn es nicht wirklich für den ganzen Aufwand, den ich für das Spiel betreiben musste, entschädigt. Es ist eines jener Spiele, wo man danach eher daran denkt, dass es wesentlich besser gewesen wäre, wäre es ein wenig kürzer gewesen, als dass man sich zurücklehnt und froh darüber ist, dieses oder jenes erreicht zu haben.

[Herr M.] Ich persönlich mochte das semi-gute Ende auch ein wenig mehr, weil es eben gar so bittersüß ist. Aber das böse Ende ist auch ganz schön lässig. War es die Mühen wert? Nun, ich muss gestehen, dass ich bis dahin schon ziemlich oft eine Lösung zu Rate gezogen hatte. Wo ich anfangs noch versucht hatte, alles selbst zu lösen, schaute ich im Mittelteil schon öfter in der Lösung nach, bis ich gegen Ende fast Schrittweise die Lösung nachspielte. Die Geschichte an sich fand ich einfach interessanter als die Rätsel, die sie zusammen hielt.

[Mr Creosote] Ich würde ja behaupten, dass die Geschichte die Rätsel zusammen hält und nicht andersrum. Ich glaube wir haben das schon ganz gut umfasst: Die Handlung ist, trotz all ihrer Probleme, die Hauptattraktion. Der Indiana-Jones-Mittelteil, bringt sie aber überhaupt nicht weiter. Wer auch immer dachte, dass dieses Spiel nicht lang genug sei, gehört gefeuert! Noch dazu wäre das Spiel, wenn man das raus nimmt und sonst nichts ändert, sogar viel kohärenter, die Erzählung wäre viel logischer und beim Spieler bliebe ein viel positiverer Gesamteindruck zurück. Länger heißt nicht immer besser.

Rätselhaftes

[Mr Creosote] Und was ist das Schlimmste an diesem Mittelteil? Wie gesagt bringt er die Handlung ins Stocken – wo die Rätsel davor noch halbwegs in die Geschichte eingebettet waren, besteht dieser ausschließlich aus einer Reihe von dämlich abstrakten Kniffeleien, für die es keinerlei Grund gibt.

[Wandrell] Die Rätsel sind anstrengend. Manche wären mit ein paar Verbesserungen vielleicht noch brauchbar, aber im Großen und Ganzen sind sie oft absurd und fehl am Platz. Man denke etwa nur an den Nazi-Bunker. Ich kann mir dessen Architekten lebhaft vorstellen: „Mein Führer! Wir haben diesen schwer befestigten Bunker erbaut! Ich habe dazu dieses Spielzeug, das mein Kind so gern hat, als Sicherheitssystem verwendet. Niemand wird das je bezwingen können!“

[Herr M.] Eigentlich mochte ich manche von den Rätseln und wünschte mir fast, ich hätte mir mehr Zeit genommen, sie ordentlich zu lösen. Bei vielen muss man ja ganz schön kniffeln, wobei sie durchaus lösbar sind. Nun, mit Ausnahme der „Errate-den-richtigen-Pixel“- Katastrophen, die einfach pervers schwer sind bei einem 360°-Drehungs-Modus. Und vielleicht auch das Origami-Puzzle, aber das lag eher an der bescheidenen Steuerung, das Puzzle selbst war schon eine gute Idee.

[Wandrell] Gegenstände zu suchen ist meistens unschaffbar schwer. Ich denke da etwa an die Stelle, wo man ein knarrendes Holzbrett untersuchen muss. Da hatte ich nicht einmal mitbekommen, dass das knarzende Geräusch irgendeine besondere Bedeutung haben sollte in einem sonst auch recht alten und verfallenen Raum und musste erst in der Lösung nachschauen. Ähnliches gilt für fast alle anderen Rätsel. Selbst wenn sie recht nett klingen, so war man scheinbar mehr darauf bedacht, das mit der „Multimedia-Erfahrung“ richtig hinzubekommen, anstatt Rätsel abzuliefern, bei denen man tatsächlich weiß, was man da eigentlich tut.

Ich müsste schon sehr angestrengt nachdenken, um eine Rätsel zu nennen, dass ich wirklich mochte. Die Schachtel mit dem Geheimfach war nett, aber letzten Endes löst man es halt doch wieder einfach nur durch Ausprobieren. Jenes bei dem man die Kirchenfenster rekonstruiert war ganz unterhaltsam, zog sich aber etwas zu lang. Was mir am ehesten in Erinnerung geblieben ist, sind so Sachen wie die erfolglose Suche nach dem Revolver, weil man da plötzlich wissen musste, dass man bestimmte Sachen verschieben kann (was echt selten vorkommt).

[Mr Creosote] Wir sollten wohl auch kurz erwähnen, dass die meisten Rätsel nicht zu den typischen Vertretern des Adventure-Genres gehören. Es handelt sich dabei eher um solche wie bei 7th Guest oder Myst: mechanisches Herumhantieren an unbekannten Apparaturen. Das dabei sogar Cheatcodes eingebaut wurden, die diese dann automatisch auflösen, wirken auf mich als ob sie zugeben würden: „Jaja, wir wissen schon, dass das überhaupt keinen Spaß macht!“ Meistens habe ich diese Cheatcodes dann auch verwendet.

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[Herr M.] Was bei oben erwähnten Spielen noch so halbwegs hinhaute, geht hier furchtbar nach hinten los, aus folgendem Grund: Black Dahlia hat eine viel fesselndere Handlung. Einerseits hat man da diese furchtbar aufregende Geschichte, von der man immer wissen will, wie sie weitergeht, die man ungestört genießen möchte. Andererseits sind da die Rätsel, die eben ein wenig Zeit brauchen, damit sie richtig wirken. Man kann also der Handlung nicht folgen, weil sie von den Rätseln zerstückelt wird, und man kann sich nicht auf die Rätsel konzentrieren, weil man immer wieder an die Handlung denkt… beides auf einmal geht eben einfach nicht, weil sie dabei so viel mehr Schaden nehmen, als wenn man sich ordentlich auf eines von beiden konzentriert und das andere einfach sein lässt.

[Wandrell] Die Rätsel sind eigentlich nur dazu da, dass man das ganze ein Spiel nennen darf, anstatt eine Fernsehserie daraus zu machen. Es gibt da aber noch zwei weitere eindeutige Probleme, und ich will mal auf zwei Rätsel eingehen, die eigentlich mit der Geschichte zu tun haben. Eines leidet dabei darunter, dass man zuviel Informationen dazu sammelt, das andere an der furchtbaren Steuerung.

Ich denke da an das Runen-Rätsel. Mal im Ernst, soll ich das alles mit den im ganzen Spiel verstreuten Notizen zusammenbauen? Das klingt nicht im entferntesten lustig. Und dann ist da noch jenes, wo man die Deckel mit den Wappen in der richtigen Reihenfolge öffnen soll. Ginge das schneller, und könnte man die dafür nötigen Information etwas rascher erhalten, wäre es gleich soviel besser. Stattdessen bewegt man sich im Schneckentempo um den Tisch herum um nach dem richtigen Deckel zu suchen.

[Mr Creosote] Ein Großteil der Probleme stammt wirklich von der technischen Umsetzung der Rätsel. Die Steuerung macht es einem da oft schwerer als nötig; was im echten Leben relativ simpel ist, wie das Falten dieses Stück Papiers, wird durch die umständliche Steuerung zu einer ziemlich mühsamen Aufgabe.

Was mich aber viel mehr störte war wie (Genre-typisch) unzusammenhängend die Rätsel im Bezug auf die Geschichte waren. Ich meine, wie viele Vorwände kann man sich einfallen lassen, dass man als Spieler ein Kombinationsschloss nach dem anderen lösen darf? Wie viele zerschnittene Bilder kann man zusammensetzen, bevor das ganze recht erzwungen wirkt? Davon gibt es viel zu viele Rätsel, verglichen damit, wie wenig „organische“ vorhanden sind. Zu letzteren zähle ich das Suchen nach versteckten Objekten (wie dem Foto bei dem Fenster) – auch wenn die nicht sonderlich kreativ sind, ergeben sie sich halbwegs sinnvoll aus der Handlung.

[Herr M.] Ja, es gibt recht wenig „organische“ Rätsel, wie jenes mit den Telefonnummern, die man dekodieren soll, was eigentlich wirklich gut zu den Geschehnissen passt. Ich hatte große Hoffnungen, dass die übrigen Rätsel da ein wenig mithalten würden können… nun, zu schade dass der Rest eher die üblichen Puzzlespiele und Denksportaufgaben waren. Manchmal wundere ich mich schon, wer überhaupt auf die Idee gekommen ist, dass es eine „gute“ Idee sein könnte, Filmchen mit absurden Rätseln zu kombinieren und das dann als „interaktiv“ zu verkaufen, und wie es dazu kam, dass sich so viele an dieses bescheuerte Schema gehalten haben.

[Mr Creosote] Im Nachhinein betrachtet wirkt dieses zusammengeschusterte Genre doch recht lächerlich. Aber immerhin gab es zwei Verkaufsschlager (wir haben sie schon ein paar mal erwähnt), die dieses Schema kommerziell erfolgreich zum Einsatz brachten. Es ist also nicht so verwunderlich, dass das jeder nachahmen wollte. Eigentlich macht es dieser Ansatz den Spieleentwicklern recht einfach. Es ist nämlich zugegebenermaßen schon recht schwer, lösbare und logische Rätsel zu erfinden, die sich dann auch noch organisch in die Geschichte einfügen lassen. Da ist es schon viel leichter ein staubiges Denksportbuch aus dem Regal zu nehmen und ein paar Klassiker zu kopieren.

Zusammen gefasst

[Herr M.] Und zu viel Kopieren vom Althergebrachten mag auch eine von Black Dahlias größten Schwächen sein. So sehr man sich auch bemühte, ein großartiges Spiel zu erschaffen, indem man etwa eine Menge Geld für schöne Szenerien ausgab, so kann man sich des Eindrucks nicht verwehren, dass es trotzdem ein ganz typischer Interaktiver Film nach dem Schema (I)F ist. Das da wäre: Denk dir eine halbwegs ordentliche Geschichte aus, stopfe jede Menge Rätsel rein (ob sie da nun reinpassen oder nicht) und fülle so viele CD-ROMs wie möglich.

[Wandrell] Es hätte eine recht feine Fernsehserie werden können, aber als Spiel ist es mühsam. Nimmt man die Rätsel raus, wäre schon viel gewonnen, allein die Zwischensequenzen sind der einzige Grund dass man weiter spielt. Was sehr schade ist, denn hätten sie ein wenig mehr darauf geachtet das ganze auch spielbar zu machen, hätte wir da ein echtes Juwel gehabt.

[Mr Creosote] Vergesst mal nicht das Cliché des ehemaligen Stars, der (natürlich) nur in einer einzigen Szene auftaucht, obwohl sein Name ganz oben in der Besetzungsliste steht, um die Verkaufszahlen fleißig anzukurbeln. ;)

Obwohl ich bei dieser Diskussion die Rolle des Kritikers übernommen habe, mochte ich das Spiel im Großen und Ganzen. Man merkt schon, dass man mit dem ganzen Aufwand nur beste Absichten verfolgte. Ohne den nervtötenden riesigen Irrgarten wäre es fast eine Empfehlung wert gewesen. Ich muss da aber auch Wandrell recht geben: Wenn das Spiel dadurch besser wird, dass man ein bestimmtes Element wegnimmt, sollte man sein Design vielleicht nochmal überdenken. So einfach ist das manchmal!

[Herr M.] Insbesondere, wenn die Teile die man rausnehmen würde, die Rätsel also, für sich genommen auch ein viel besseres Spiel gewesen wären.

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