Spider and Web
für Interpreter (Z-Code)

SpiderAndWeb.png
Mr Creosote:
Firma: Andrew Plotkin
Jahr: 1998
Genre: Adventure
Thema: Spionage / Textbasiert
Sprache: English
Lizenz: Freeware
Aufrufe: 12775
Rezension von Mr Creosote (12.08.2009)
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Fassen wir kurz Alfred Hitchcocks „Suspense“-Theorie mit dem Standardbeispiel zusammen: Zwei Männer sitzen an einem Tisch und unterhalten sich über Belanglosigkeiten. Die Zuschauer wissen, dass unter dem Tisch eine Bombe angebracht ist (in der vorigen Szene war zu sehen, wie Jemand sie dort angebracht hat). Sie sind jedoch völlig machtlos und so sehr sie es sich wünschen, können sie doch nicht eingreifen. Sie wollen die Männer warnen, doch es ist unmöglich. Sie können nur tatenlos zusehen. Die Spannung begründet sich also im Wissensvorsprung der Zuschauer im Vergleich zu den Akteuren. Spider and Web bedient sich originellerweise exakt dem gegenteiligen Ansatz: Der Protagonist weiß mehr als der Spieler (sein „Zuschauer“) und erst gegen Ende des Spiels wird letzterem überhaupt alles klar.

Plottechnisch stellt sich das folgendermaßen dar: Der Protagonist ist ein Spion, der bei der Infiltration einer feindlichen Basis gefangengenommen wurde. Jetzt sitzt er festgeschnallt auf dem Verhörstuhl. Sein Gegenüber befragt ihn, wie er überhaupt so weit in das Gebäude vordringen konnte und der Spieler muss diese erzählenden Rückblenden mit Leben füllen.

Der Haken des Ganzen ist dabei jedoch, dass der Spieler nicht etwa genau das „spielen“ soll, was tatsächlich passiert ist, sondern das, was der Protagonist seinem Feind erzählt - wo ja durchaus ein Unterschied bestehen kann. Gewinnen kann man also nur, indem man eine plausible Abfolge von Aktionen findet, gleichzeitig aber nicht zu viel Verdacht erregt, denn letzteres führt zur sofortigen Exekution. Versagt man bei Ersterem, hat man dagegen meist einfach einen weiteren Versuch, die Situation nochmals zu „schildern“.

Hauptanspruch an den Spieler ist also, nicht etwa nur, einfach durchzukommen mit einer halbwegs logischen Geschichte, sondern gleichzeitig die subtilen Hinweise darauf, was sich tatsächlich abgespielt hat, zu entdecken und zu interpretieren. Die Unterschiede sind zwar auf den ersten Blick überschaubar, ihre Bedeutung im späteren Spiel ist jedoch unschätzbar, denn diese kleinen Informationsunterschiede zwischen dem Protagonisten und seinem Widersacher sind der einzige kleine Vorteil, den man noch hat. Und wenn das Spiel damit enden würde, ohne dass man den Protagonisten aus seiner misslichen Lage befreien kann, wäre das doch wohl nicht das, was man von dem Spiel erwartet, oder?

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