R.A.F.
für C64

Mr Creosote:
Firma: Meisters
Jahr: 1986
Genre: Strategie
Thema: Humor / Polizei & Verbrecher / Politik
Sprache: Deutsch
Lizenz: Freeware
Aufrufe: 34583
Rezension von Mr Creosote (13.04.2002)
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Genug von all diesen modernen „Anti-Terror“ - Spielen? Böse Buben jagen, von denen man noch nicht mal weiß, was sie schlimmes getan haben, wird langweilig? Es reicht einfach, für eine anonyme „Regierung“ zu arbeiten, die mehr als fragwürdige Ideale propagiert? Dann bleibt nur eines: Wählt die andere Seite und werdet Terrorist!

Für alle Nicht-Deutschen und Teenager, denen der Spielename nichts mehr sagt (nein, es ist nicht „Royal Air Force“) ein paar Erläuterungen. RAF ist die Abkürzung für die „Rote Armee Fraktion“. In den 70ern und 80ern war diese Organisation verantwortlich für eine wahre Terrorwelle in Deutschland. Darunter die Ermordung führender Politiker und Wirtschaftsbosse.

Wie der Name schon sagt kämpfte diese Gruppe für den Kommunismus, Sozialismus oder wie man es auch immer nennen will. Offensichtlich war ihr „Krieg“ mit der Auflösung des Ostblocks endgültig verloren, und ihre letzten öffentlichen „Auftritte“ geschahen Anfang der 90er Jahre (Showdown in Bad Kleinen). Ein paar Konsequenzen ihrer Aktionen sind allerdings bis heute noch zu spüren: Unter anderem mehrere Gesetze und Verordnungen. Man denke nur an den äußerst fragwürdigen sogenannten „Extremistenbeschluss“, der alle Mitglieder linker (auch friedlicher) Organisationen ihre Jobs kostete.

Und dieses Computerspiel - gemacht in einer Zeit, als die RAF alles andere als Geschichte war - versetzt einen in die Rolle eines Gründers einer ähnlichen Terroristenorganisation. Eines Tages wacht man einfach auf und beschließt, dass es jetzt genug ist. „Das System“, das man als nichts anderes als eine Fortsetzung der Naziregimes sieht, kann nicht auf friedliche Art und Weise gestürzt werden! Gewalt muss angewandt werden!

Also denkt man sich erstmal einen klangvollen Namen aus (per Baukastensystem - eine Anspielung auf die Auswechselbarkeit dieser Gruppen? ;), kauft Waffen und rekrutiert Mitglieder. Das Endziel ist natürlich, den „Staat wegzubomben“, aber ob man das wirklich erreichen kann, weiß ich nicht. Man kann aber doch sehr nahe kommen.

Die eigene Aufgabe ist es, die terroristischen Aktionen der Gruppe zu organisieren. Zuerst einmal brauchen selbst Kommunisten Geld zur Finanzierung ihrer Gewehre, Bomben, Wohnungen usw. „Der Osten“ könnte einen natürlich unterstützen, aber nur, wenn sie auf eine Aufmerksam werden (also wenn man ein paar Leichen aufzuweisen hat...). Bankraub scheint eine schnellere Geldbeschaffungsmethode.

Aber natürlich steht man voll zu seinen Idealen, und so ist Geld nicht das eigentliche Ziel, sondern nur Mittel zum Zweck. Das Hauptziel ist, bekannte Politiker und andere Prominente, die den Staat unterstützen, umzubringen! Diese Leute wohnen in verschiedenen Städten und sie sind verschieden wichtig (d.h. weniger oder besser bewacht). Diese Schusswechsel mit den Bodyguards werden als Arcade-Sequenzen gespielt.

Um eine allzuschnelle Zerschlagung der Organisation zu vermeiden, muss man aufpassen, nicht selbst verhaftet zu werden. Offensichtliches Mittel dazu ist, sich nicht selbst an Aktionen zu beteiligen, sondern andere, unwichtige Mitglieder zu schicken. Wenn diese gefangen werden, werden sie vom bösen Nazi-Regime zum Selbstmord gezwungen und werden zu Märtyerern - und man selbst fährt fort mit der Revolution. Um zu vermeiden, dass das eigene Hauptquartier durchsucht wird und alle Mitglieder festgenommen werden, kann man Entscheidungsträger bestechen, häfig die Wohnung wechseln und das Haus mit Bundeswehrnetzen tarnen (!).

Sobald man etwas Fortschritt vorzuweisen hat und die eigene Gruppe bekannter wird, wird man „befördert“. Das bedeutet dann, dass man mehr Leute auf einmal anheuern und somit an mehr verschiedenen Orten gleichzeitig agieren kann. Das geht immer so weiter, bis man irgendwann ein internationales Netzwerk, das niemanden mehr zu fürchten braucht, kontrolliert.

Anschlagsziele sind hauptsächlich wirkliche Personen der Zeit. Sie reichen von naheliegenden wir Helmut Kohl (und dem Rest seiner Regierung) und internationale Äquivalente wie Ronald Reagan, Giscard D'Estaing oder dem Papst, gibt es noch ein paar andere Wahlmöglichekeiten zu zeigen, was man wirklich von gewissen Sängern (hasst irgendjemand Dieter Bohlen nicht?) usw. hält.

Logischerweise ist dieses Spiel nicht von einer professionellen Firma zum kommerziellen Verkauf gemacht worden. So etwas würde niemals zum Verkauf zugelassen! Die Ideale (Benutzung von Gewalt für politische Ziele), die in diesem Spiel propagiert werden, sind nicht nur fragwürdig.

RAF balanciert allerdings auf dem schmalen Grat zwischen Satire und Verrücktheit. Es ist alles so übertrieben, dass man all dieses Morden und Zerstören kaum ernst nehmen kann! Die Nazi-Charakterisierung des Staates ist sogar wirklich witzig! Zumindest für mich.
Andererseits kommen alle diese wirklichen Namen vor, Anschläge auf Personen und Gebäde / Institutionen werden als Lösungsweg dargestellt. Jeder sollte das selbst entscheiden, ob er / sie genug zwischen Realität und Spiel unterscheiden kann, dieses Spiel nicht ernst zu nehmen. Ich habe euch gewarnt!

Eine Anmerkung möchte ich dazu noch loswerden: Zumindest nimmt sich dieses Spiel nicht so ernst wie all dieser neue Kram wie Delta Force („Jage Terroristen in Afghanistan!“). Nur weil es offizielle Regierungspolitik ist, soll es in irgendeiner Weise besser sein? Gewalttätige Methoden, um politische Gegner zu beseiten…

Ich habe meine Entscheidung getroffen, RAF zu mögen. Das Modell der Finanzierung und logistischen Organisation eines weltweiten „Unternehmens“ ist wirklich gut umgesetzt! Die Ereignisse und Aktionen sind miteinander verknüpft, dabei wird es aber nicht zu aufwändig und kompliziert. Selbst wenn man also die Spieltexte nicht für witzig erachtet (ja, ich tue das), hat man immer noch eine gute Wirtschaftssimulation mit einigen Action-Auflockerungen.

Und selbst nach monatelangem Spielen habe ich noch nicht angefangen mit der Planung von Staatsstreichen, ich jabe keine Waffen „nur für den Fall“ herumliegen und sogar der Direktor meiner alten Schule lebt noch ;)

!!!Wichtig!!! Unter CCS64 läuft dieses Spiel nur im „Normal“- (F2), nicht jedoch im „Fast“-Modus!

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