Der Schatz im Silbersee
für PC (DOS)

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Mr Creosote:
Firma: Linel / Software 2000
Jahr: 1994
Genre: Adventure
Thema: Umsetzung eines anderen Mediums / Western
Sprache: Deutsch
Lizenz: Kommerziell
Aufrufe: 22171
Rezension von Mr Creosote (13.03.2009)
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Der Schatz im Silbersee ist eine der bekanntesten Geschichten von Karl May und bedarf somit sicherlich keinerlei Vorstellung. Puh, da bin ich ja einfach drumrumgekommen, zugeben zu müssen, dass ich das Buch nicht gelesen habe, was?

Die Geschichte dreht sich um einen „Westmann“ namens Old Firehand, der die Silbervorkommen am Silbersee prüfen will. Während seiner Reise sorgt der „rote Cornel“ („rot“ aufgrund seiner Haare - nicht etwa wegen seiner Hautfarbe) für allerlei Ärger und es stellt sich heraus, dass er und seine Männer ebenfalls auf dem Weg zu dem See sind - um dort einen alten Indianerschatz, der dort versteckt sein soll, zu heben. Firehand wird wiederum von seinem alten Freund, dem Detektiv Droll (der wegen seiner seltsamen Kleidung und seiner hohen Stimme allgemein „Tante Droll“ genannt wird) und später dem Apachenhäuptling Winnetou unterstützt.

Das Spiel ist in vier Kapitel unterteilt. Wobei der Begriff „Kapitel“ dem Spiel selbst entstammt. Tatsächlich wäre „Episoden“ passender, denn jedes „Kapitel“ ist recht kurz geraten. Jeder Abschnitt ist außerdem vollständig in sich abgeschlossen, d.h. man findet sich jeweils an einem völlig anderen Ort und ohne das vorige Inventar wieder. Alles beginnt auf einem Raddampfer auf dem Arkansas-Fluss, wo der Cornel („der Cornel“, da es sich um eine absichtlich falsch geschriebene Variante des Wortes „Colonel“ handelt) Geld von einem Ingenieur stiehlt, und das Schiff sabotiert, dann findet der Spieler sich in einem Holzfällercamp wieder, dann kommt man auf eine Farm, die die Bösewichte auszurauben gedenken und zuletzt geht es endlich zum See und den darunterliegenden Katakomben.

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„Literarischer“ wird es nicht mehr

„Literarisch“ ist das Spiel leider recht schwächlich ausgefallen. Niemals kommt der Eindruck einer tatsächlich zusammenhängenden oder sich entwickelnden Geschichte auf. Die Charaktere sind seicht und die Dialoge größtenteils dümmlich. In einer Szene im zweiten Abschnitt trifft man beispielsweise auf einen Handlungsreisenden, der Firehand um eine Karte des Walds bittet, da er sich verlaufen hat. Öhm... wie wäre es, einfach zwei Bildschirme nach rechts zu gehen, wo schon der Fluss wieder anfängt? Oder vielleicht von dort nochmal zwei Bildschirme weiter, wo die „Welt“ dann auch schon zu Ende ist? Klar, völlig nachvollziehbar, dass man sich da leicht verlaufen kann. Wohl eher kein Spiel für Anhänger von Mays Schreibkunst.

Grafisch hinterlässt das Spiel einen uneinheitlichen Eindruck. Die Hintergründe sehen prinzipiell recht ansehnlich aus, die Charaktere im Spiel sowie ihre Portraits (die bei Unterhaltungen eingeblendet werden) machen dagegen einen amateurhaften und billigen Eindruck. Darüber hinaus sind die Animationen sehr schlecht (geht mit dem Panther gleich in der allerersten Szene gut los...).

Spielerisch wird einem die üblichen Adventurekost geboten: Man sammelt Gegenstände ein und benutzt sie, um weiterzukommen. Die größte Herausforderung besteht allerdings darin, Bildschirme nach einzelnen Pixeln abzusuchen. Wie und wo Objekte eingesetzt werden müssen, ist meist trivial, aber sie überhaupt erst zu finden dagegen leider nicht. Da der Cursor nicht auf Objekte reagiert, wird dies auf manchen Bildschirmen zur Geduldsprobe. Es wirkt sogar so, als wären viele Gegenstände absichtlich an den am schlechtesten sichtbaren Orten „versteckt“ worden - es handelt sich also wohl nicht um tragischen Zufall, sondern um ein „Feature“ des Spiels.

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Wer entdeckt das eine relevante Objekt auf diesem Bildschirm?

Der Fluch der Adventure-Logik ist ebenfalls nur allzu auffällig. Beispielsweise muss man im dritten Akt die Farm auf den bevorstehenden Angriff vorbereiten. Ein Schritt ist dabei, eine alte Kanone schussbereit zu machen. Anstatt einfach... die Bewohner nach den dafür notwendigen Gegenständen zu fragen (die sie zweifellos irgendwo haben, denn es ist ja schließlich ihre Kanone - und selbst, wenn nicht: Eine Frage kostet ja nun wirklich nichts), muss man Schießpulver von Grund auf herstellen - und das ist nur eines von mehreren ähnlich lächerlichen Puzzlestückchen für die Gesamtlösung der Szene. Die meisten Aufgaben wirken wie Beschäftigungstherapie in diesem Stil, was manchmal sogar so weit geht, dass man die gleiche Aktion mehrmals hintereinander ausführen muss (dies zweimal untersuchen, Wasser dreimal aus jener Quelle holen,...).

Letztendlich ist es kein Wunder, dass der angekündigte Nachfolger Durch die Wüste schnell eingestampft wurde (ebenso übrigens die halbfertige Amigaversion dieses Spiels). Der Schatz im Silbersee ist keinesfalls wirklich schlecht, aber fatal ist, dass es auch keine wirklich guten Seiten hat. Eine uninteressante Geschichte kombiniert mit uninteressanten Rätseln - nicht gerade das, wofür man im Kaufhaus Schlange steht.

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